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Friedrich; Obser, Karl [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 1. Abhandlung): Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs I. von Baden: 1826 - 1847 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37792#0016
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VIII

Karl Obser:

Mann werden, denn er verbindet viel, sehr viel. Es ist selten, daß
man von einem so jungen Herrn eine so klare, richtige Ansicht der
verschiedenen Verhältnisse des Lebens und eine so schöne Auffas-
sungsgabe findet, die auch oft durch die Wahrheit, die in ihr liegt,
überrascht. Sein Charakter neigt sich mehr zu der ruhig beschau-
lichen Weise, er hat nicht diese elektrischen Witzfunken, die wie
Lichthölzchen sich schnell entzünden und ebensoschnell spurlos
verschwinden, aber um so tiefer dringt sein Blick. Sein Verstand
ist scharf, er ist durchdringend, aber er erwägt langsam, kommt
langsamer zum klaren Bewußtsein. Seine Schritte in der Welt
werden deshalb nicht leicht unbedacht, jugendlich rasch, unüber-
legt sein. Mit diesen Eigenschaften verbindet der Prinz ein vor-
treffliches, wirklich edles Herz und einen hohen Sinn für Gerechtig-
keit und Bechtlichkeit. Liebe und Dankbarkeit sind Eigenschaften
die einem solchen Gemüte niemals fehlen können“1. Man wird in
diesen Äußerungen, auch wenn sie für den Vater bestimmt sind, nicht
höfische Schmeichelei, sondern den Ausdruck ehrlicher Überzeugung
erblicken dürfen; denn sie decken sich vollständig mit früheren,
für fremde Augen nicht berechneten Aufzeichnungen, in denen
Hinckeldey sich über den jüngeren Bruder in derselben rühmenden
W eise ausspricht, während ihm bei dem sehr begabten, geistig über
seine Jahre hinaus entwickelten, aber schwer zu behandelnden
Thronerben dessen außerordentliche Heftigkeit und Aufgeregtheit,
Unstäte und Ungeduld schon damals Sorge bereiten2.
Nicht ohne ernste Trübung sollte der Wiener Aufenthalt ver-
laufen. Eine Erkrankung an Typhus, kurz nach Neujahr, bringt
den Prinzen an den Band des Grabes. Geduldig trägt er sein Leiden,
in den lichten Momenten gilt seine erste Frage immer den Eltern
und Geschwistern. ,,I1 a toujours ete bon patient, schreibt Melanie
Metternich, freundlich, ne se plaignant jamais et pensant avec solli-
citude ä tout ce qui l’entourait“3. Auf sein Ende gefaßt, hat er
seine letzten Wünsche bestellt4. Aber die jugendliche Lebenskraft
siegt, die Krisis wird überwunden. Die Fürstin Metternich meint,
die Krankheit habe auf seine Entwicklung günstig gewirkt. ,,Le
prince a grandi, il a une mine parfaite, il a Fair plus fort qu’avant
sa maladie, une expression de calme, de sincerite, je dirai de bonheur
1 An Großherzog Leopold, 18. Februar 1843.
2 Tagebuchvermerk vom J. 1841. Gr. F. Archiv.
3 An Großherzogin Sophie, 29. Jan. 1843.
4 An Alexandrine, 23. Febr. 1843.
 
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