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Boll, Franz; Bezold, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 1. Abhandlung): Carl Bezold: Nachruf, im Namen der philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg, gesprochen bei der Beisetzung am 23.11.22 — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38042#0014
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Franz Boll:

1894 war Bezold als ordentlicher Professor der semitischen
Philologie und Direktor des orientalischen Seminars nach Heidel-
berg berufen worden. Seitdem hat die feine Gelehrtengestalt der
Neckarstadt angehört; ein gutes Stück des geistigen Lebens unserer
Universität knüpfte sich an ihn. Generationen von Schülern hat
er unermüdlich weit über die Universitätsjahre hinaus gefördert;
sie hingen, sobald sie ihm näher gekommen waren, mit herzlicher
Treue und Verehrung für immer an ihm, von den älteren unter
ihnen, wie C. H. Becker, bis zu den jüngsten.
Eine neue und für seine geistige und menschliche Art wie ge-
schaffene Betätigung erwuchs ihm, als durch die Stiftung der Fa-
milie Lanz 1909 eine Heidelberger Akademie der Wissenschaften ins
Leben treten konnte. War er dem ersten Sekretär der philosophisch-
historischen Klasse Wilhelm Windelband als sein Stellvertreter
und namentlich während seiner Erkrankung der stete Helfer ge-
wesen, so sah die Klasse sogleich nach Windelbands Tode in ihm
den gegebenen Leiter. Mustergültige Genauigkeit in allem Äußer-
lichen, in Vorbereitung der Anträge, Führung der Verhandlungen,
Verwaltung der Finanzen lag ihm von Natur nahe: die ruhige Aus-
geglichenheit seines Wesens, die Schwierigkeiten fast stets geschickt
zu vermeiden wußte, die vornehme und verbindliche Art, in der
er Geschäfte und Sitzungen leitete, hat der jungen Gemeinschaft
vielfach zum Segen gereicht. Welch wertvolle wissenschaftliche
Gaben er selbst ihr zu bieten hatte, davon wird bald zu sprechen
sein. 1908 wurde er korrespondierendes Mitglied der Münchener,
später auch außerordentliches Mitglied der Ungarischen Akademie
der Wissenschaften und Mitglied der Straßburger Wissenschaft-
lichen Gesellschaft.
In der Vita am Schluß seiner Dissertation hat Bezold die
Worte geschrieben: ,,Die Erforschung der Sprachen um ihrer selbst
willen und speziell die Förderung der semitischen Grammatik
erachte ich für die Aufgabe meines Lebens“. Das Programm eines
echten und geborenen Philologen; und er hat es gehalten, aber
auch übertroffen. Gewiß interessierten ihn stets die Sprachen an
sich nach ihren Formen und Bildungsgesetzen: die Entdeckung
eines assyrischen Lautgesetzes war eine seiner letzten wissenschaft-
lichen Freuden. Aber nicht minder hat sie ihn doch beschäftigt
als der lebendige Ausdruck des seelischen und geistigen Lebens des
einzelnen Volkes und als der Träger seiner literarischen Dokumente,
von denen er viele herausgegeben hat. Und darüber hinaus hat sich
 
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