Metadaten

Curtius, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 4. Abhandlung): Der Astragal des Sotades — Heidelberg, 1923

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38045#0006
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6

L. Curtius:

Versuchen griechischer figürlicher Trinkgefäße, die E. Buschor
in seiner ausgezeichneten Untersuchung, Das Krokodil des
Sotades, Münchener Jahrb. d. bild. Kunst, XI 1919/20 S. 1 ff.,
besprochen hat, das imitative Motiv, Menschen- oder Tierkopf,
Körperteil oder Gruppe, ganzes Tier oder Protome, jedesmal durch
Henkel und Gefäßlippe zu einer neuen idealen tektonischen Einheit
umgebildet.
Unser Astragal kann also nicht Gefäß im griechischen Sinne,
es kann nur Behälter sein. So kommen wir zu dem gleichen
Schluß, den schon Wolters, Münchener Jahrb. VIII 1913 S. 92
mit der Zustimmung Buschors, a. a. 0. S. 18, gezogen hat. Es
ist, ebenso wie ein zweites in Born, Villa di Papa Giulio, Busciior,
a. a. 0. S. 18 Abb. 27, Behälter1 für die kleinen Knöchel jenes
Spiels gewesen, das der griechischen Kunst so viele anmutige Motive
geliefert hat, worüber zuletzt wieder Wolters, a. a. 0. S. 92ff., vor-
trefflich. gehandelt hat.
Die Frage nach dem inneren Zusammenhang zwischen άστραγαλο-
■9-ήκη und ihrem Bildschmuck müssen wir verschieben, bis wir dessen
Rätsel gelöst haben. Aber das ist ohne weiteres klar, so herrliche
und zugleich vortrefflich erhaltene Stücke können nicht „Schusser-
beutel“ des gewöhnlichen Lebens gewesen sein. Ins Grab kamen
1 Dabei bleibt freilich die Frage nach dem fehlenden Verschluß offen,
wenn auch die kleinen Knöchel in den Windungen des Innern gut geborgen
waren. Aber wahrscheinlich gehört zu ihm noch eine Hülle, ein Netz oder ein
Ledersack. — In allen mir geläufigen Darstellungen des Astragalspiels (siehe
Heydemann, Die Knöchelspielerin, 2. Hall. Wpr.) wird aus der Hand ohne
Becher gespielt, wie am schönsten auf dem Gemälde des Alexandros (Robert,
Die Knöchelspielerinnen des Alexandros, 21. Hall. Wpr.), ohne daß auch nur
als Beiwerk ein φιμός vorkommt, so daß ich die Verbindung von Astragalspiel
und Becher für eine moderne Vermischung mit dem Würfeln halte. Die Form
der Knöchel schließt ein richtiges Mischen ja überhaupt aus. Wie aber ein
φιμός aussah, das zeigt das herrliche attische Vasenfragment des IV. Jahr-
hunderts, Compte Rendu 1862, Taf. 1, 1 unsere Taf. II, 2. Die Becher, die das
kauernde nackte Mädchen in den Händen hält, zeigen genau die Form von
Pferdebeißkörben, wie auf dem Bilde Pellegrini Catal. Necrop. Felsinee, S. 64,
Fig. 38, unsere Taf. II, 4 und Leroux, Vases Grecs de Madrid Taf. XI, 68,
Fernice, Griechisches Pferdegeschirr 56. Berl. Wpr. S. 6 ff., was Stephani
im Text gänzlich mißverstanden hat. Es handelt sich in der Darstellung
um ein Liebesorakel durch Würfeln. Die Form des φιμός gibt, was der
alte wie der moderne Spieler von einem Würfelbecher verlangte, breite
Öffnungund glatte Wand. Astragale zu mischen dürfte in unserem seine Schwie-
rigkeit haben. Daher ist die von Hauser versuchte Deutung auf einen Würfel-
becher nicht.haltbar.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften