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Curtius, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 4. Abhandlung): Der Astragal des Sotades — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38045#0012
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L. Curtius:

figuren, kein Chor, genau so wie die Winde, ihre stärkeren Brüder
aus dem Gattungsbegriff geographisch bestimmte, zwar allgemeine,
aber eben doch Individualitäten geworden sind* 1. So ist auch die
herrliche Akroterfigur von Epidauros (Stais, Marbres et Bronces I,
Nr. 155) mit dem Vogel in der Hand sehr gut als aura zu verstehen,
aber die Nereiden von Xanthos bleiben, was sie waren2. Αδραι, die
weichen Lüfte der Landschaft vom Meer her oder aus dem Binnensee,
gestalten gesetzmäßige, in ihrer Zahl begrenzte Naturkräfte, daher
wird Meerbrise oder Seelüftchen zu einer geschlossenen Figur ihres
bestimmten Bereichs. Wie diese so wenig gleichzeitig zusammen-
wehen können, wie die großen Winde, so können sie auch nicht in
der bildenden Dichtkunst in einem Chor zusammengeschlossen wer-

und den deutlichen Ketoskopf des Reliefs von Karthago für einen Delphin-
kopf (!) ansieht. Die „Meeraura“ des Uffizienreliefs ist eine Nereide, so wie sie
in feststehender Typik in einer Fülle von Beispielen wie etwa Basis des Do-
mitius Ahenobarbus, Antike Denkmäler III, Taf. 12, 2, Robert, Sarkophag-
reliefs III, 1, Taf. 1, 1, gegeben ist. Diese Meergottheit kann nicht plötzlich
als Luftgöttin figurieren, wie freilich ihr Gegenstück, für das der Vogel deutlich
genug spricht. Es ist also auf dem Uffizienrelief eine Trias der Elemente,
Tellus von Luft und Meer „umflossen“ gegeben, die auch Gardtfiausen a. a. O.
vorschlägt, und es wird verständlich, warum der Bildhauer des Reliefs von
Karthago, Petersen a. a. O. S. 174, Fig. 54, die Nereide in einen Triton ver-
wandeln kann. Wer mit Studniczka und van Buren (Journ. Rom. stud. 3,
191.3, S. 138ff.) in diesem Triton den stürmischen Syrtes und in der Pa-
rallelfigur eine andere „topographische“ afrikanische Gottheit sieht, der muß
konsequent auch eine Veränderung der Mittelgruppe erwarten, die aus Italia
Al'rica geworden sein soll. Auch für diese gab es schon eine feststehende helle-
nistische Typik, den Schmuck mit dem Elephantenskalp (Matz a. a. 0. S. 721'.).
Das gleiche Bild kann nicht hier Italia und dort Africa sein. Auch die Italia
des Mutterreliefs müßte als solche klar charakterisiert sein. Wie eindeutig die
hellenistische Kunst, von der doch die augusteische ganz abhängig ist, in „topo-
graphischen “Angelegenheiten denkt, zeigt die Tazza Farnese. Der Versuch
van Bürens ist kein Fortschritt.
1 Siehe H. Steinmetz in Arch. Jahrb. XX\r, 1910, S. 32ff.
2 Für seine Deutung auf Schiffe hat Robert, 21. Hall. Wpr., S. 34
keinen Beweis aus den Denkmälern beibringen können. — Dagegen scheint
mir die Benennung der beiden Akroterfiguren aus Aquileja, M a i ο n i c a in der
Festschrift für Benndorf, S. 296ff. als aurae richtig. Gefäße tragen sie wie
Notos und Skiron am Turm der Winde in Athen. Auch die velificantes der
Grabkammer von Pantikapaeon, Compte Rendu 1874, S. 114, Kondakof-
Tolstoi, Antiqu. de la Russie merid., S. 35, Abb. 3, sind aurae. Dagegen
die entzückende schwebende Mädchenfigur, der Eros zustrebt, auf der Innen-
seite des Schildes, Pellegrini, Catal. dei Vasi Necrop. Fels, S. 62, Fig. 37,
Nr. 175 A kann nur Psyche sein.
 
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