Der Astragal des Sotades.
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den. Erscheinen die Winde in einer Darstellung, dann behalten
sie sorgsam ihren Ort und ihr Sonderbild.
Wem aber die notwendig aus der späteren Kunst mit ihrer
Differenzierung älterer Gattungsbildungen geschöpfte Beweisfüh-
rung nicht zwingend erscheint, der verschließt sich vielleicht nicht
der Sprache unserer Bilder selber.
Denn in der Bewegung unserer „Wolken“ liegt eine entzückende
Passivität ausgedrückt. Sie schweben unbeflügelt, als trüge und
triebe sie der Wind, nicht als flögen sie eigenwillig, suchten ihr
Ziel und wären dieses selber. Und, wie sie zuerst als Reihe auf-
treten, dann sich voneinanderlösen und zuletzt einzeln und doch
noch im Zusammenhang um sich selber kreisen, liegt darin nicht
eine köstliche Schilderung der Wolken, die zuerst wie eine Herde
erscheinen, dann vom Winde getrieben, sich teilen und zuletzt als
zarte selige Wölkchen am Abendhimmel verträumt umeinander -
segeln ?
Hier könnten wir unser Vorhaben, einer vollendeten Schöp-
fung griechischer Poesie ihre letzten Geheimnisse abzulauschen, für
erfüllt anseben, hätten wir nicht· noch ein paar neugierige Fragen
auf dem Herzen.
Die erste geht das freundschaftliche Verhältnis an, in das sich
hier die Wolken mit Hephaest eingelassen haben. Auf Grund der
literarischen Überlieferung war dies zunächst nicht anders denn
als das guter Nachbarn zu verstehen, oder hatten die "Wolken Mit-
leid mit dem fleißigen Meister in der rußigen Höhle und taten sich
zusammen, um ihm in der Arbeitspause eins vorzutanzen ? Dann
hätte der hinkende Gott wenigstens gut getan, wie Ilias XVIII,
410ff., seinen Arbeitsschurz mit einem- feinen Gewand zu ver-
tauschen, um sich das Stückchen gelassen anzusehen, statt sich
selber mit Gesten gebieterisch einzumischen, wozu er, der plumpe
Geselle, vor einem so beweglichen Chor am wenigsten berufen war.
Weiter aber liegt in dem Zusammenwirken von Schmiedegott
nnd Luftwesen eine Schwierigkeit der Paarung zweier verschiedener
Instanzen. Das Reich griechischer Geister hat wie jedes irdische
seine Ordnung. Silene und Mänaden gehorchen keinem anderen
Gott als Dionysos, die Nereiden Poseidon und Amphitrite, und wenn
die Nymphen tanzen, dann kann nur Hermes sie führen und Pan
ihnen aufspielen. Wenn also die Wolken nach den klaren Worten
des Aristophanes (Wolken 271, 277) die Töchter des Okeanos sind,
dann kann sie dieser oder etwa noch Thetis oder Eurynome zum
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den. Erscheinen die Winde in einer Darstellung, dann behalten
sie sorgsam ihren Ort und ihr Sonderbild.
Wem aber die notwendig aus der späteren Kunst mit ihrer
Differenzierung älterer Gattungsbildungen geschöpfte Beweisfüh-
rung nicht zwingend erscheint, der verschließt sich vielleicht nicht
der Sprache unserer Bilder selber.
Denn in der Bewegung unserer „Wolken“ liegt eine entzückende
Passivität ausgedrückt. Sie schweben unbeflügelt, als trüge und
triebe sie der Wind, nicht als flögen sie eigenwillig, suchten ihr
Ziel und wären dieses selber. Und, wie sie zuerst als Reihe auf-
treten, dann sich voneinanderlösen und zuletzt einzeln und doch
noch im Zusammenhang um sich selber kreisen, liegt darin nicht
eine köstliche Schilderung der Wolken, die zuerst wie eine Herde
erscheinen, dann vom Winde getrieben, sich teilen und zuletzt als
zarte selige Wölkchen am Abendhimmel verträumt umeinander -
segeln ?
Hier könnten wir unser Vorhaben, einer vollendeten Schöp-
fung griechischer Poesie ihre letzten Geheimnisse abzulauschen, für
erfüllt anseben, hätten wir nicht· noch ein paar neugierige Fragen
auf dem Herzen.
Die erste geht das freundschaftliche Verhältnis an, in das sich
hier die Wolken mit Hephaest eingelassen haben. Auf Grund der
literarischen Überlieferung war dies zunächst nicht anders denn
als das guter Nachbarn zu verstehen, oder hatten die "Wolken Mit-
leid mit dem fleißigen Meister in der rußigen Höhle und taten sich
zusammen, um ihm in der Arbeitspause eins vorzutanzen ? Dann
hätte der hinkende Gott wenigstens gut getan, wie Ilias XVIII,
410ff., seinen Arbeitsschurz mit einem- feinen Gewand zu ver-
tauschen, um sich das Stückchen gelassen anzusehen, statt sich
selber mit Gesten gebieterisch einzumischen, wozu er, der plumpe
Geselle, vor einem so beweglichen Chor am wenigsten berufen war.
Weiter aber liegt in dem Zusammenwirken von Schmiedegott
nnd Luftwesen eine Schwierigkeit der Paarung zweier verschiedener
Instanzen. Das Reich griechischer Geister hat wie jedes irdische
seine Ordnung. Silene und Mänaden gehorchen keinem anderen
Gott als Dionysos, die Nereiden Poseidon und Amphitrite, und wenn
die Nymphen tanzen, dann kann nur Hermes sie führen und Pan
ihnen aufspielen. Wenn also die Wolken nach den klaren Worten
des Aristophanes (Wolken 271, 277) die Töchter des Okeanos sind,
dann kann sie dieser oder etwa noch Thetis oder Eurynome zum