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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 5. Abhandlung): Alter und Herkunft der ägyptischen "Löwenjagd-Palette" — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38947#0012
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12 Hermann Ranke. Alter und Herkunft der „Löwenjagd-Palette“.
eine stilistische Unterscheidung von Haupt- und Nebenfiguren,
daher der Tierschwanz am Gürtel noch als allgemeine Tracht der
Jäger. Aber er lebte nicht in Oberägypten, sondern in Unter-
ägypten, wo lange vor Menes die Formen höherer Kultur schon
sehr viel weiter entwickelt waren als in Oberägypten, und wo vor
allem die Schrift schon eine lange Zeit der Entwicklung hinter sich
hatte — daher die Schurztracht, und daher das Vorhandensein
ausgebildeter Schriftzeichen1! Bei dieser Annahme fände auch der
Vortritt der Standarte des Westens als des kleineren aber politisch
bedeutenderen Landesteils vor der Standarte des Ostens eine sinn-
volle Erklärung.
Wie lange vor Menes unsere Palette anzusetzen ist, darüber
können wir einstweilen noch nichts anssagen, und auch in welchem
Tempel sie etwa einst auf bewahrt worden ist, wissen wir nicht2.
Aber die Annahme ihrer Herkunft aus Unterägypten, und zwar
aus einer noch nicht näher bestimmbaren Zeit des unterägyptischen
Reiches vor seiner Vereinigung mit Oberägypten, scheint mir durch
das oben Ausgeführte über den Bereich bloßer Vermutung hinaus-
gehoben zu sein.

1 Der Sinn der beiden Schriftzeichen an der Spitze der Palette ist leider
noch ganz unklar. Das erste Zeichen, das ein mit gewölbtem Dache versehenes,
anscheinend aus Flechtwerk hergestelltes Gebäude mit einer Tür an seinem
rechten Rande wiedergibt, ist mir so von ägyptischen Denkmälern sonst nicht
bekannt. Ein sehr ähnliches Zeichen ist aber — ohne erkennbaren Zusammen-
hang — auf einem Elfenbeintäfelchen aus einem der ältesten Gräber bei Abydos
erhalten undbeiPETRiE R. T. II, Taf .4,11 abgebildet und auf S. 22 besprochen.
Über seine Lesung wissen wir nichts. Das zweite Zeichen, das aus zwei mit-
einander verbundenen, nach entgegengesetzten Seiten gerichteten Stierhälften
besteht, begegnet noch in den Pyramidentexten (Sethe 416a und 1266c)
als ein Schriftzeichen, für das die Lesung lins überliefert ist, und das „die
beiden Türflügel“ zu bedeuten scheint. Sonst kenne ich das Zeichen nur noch
aus dem Namen eines Kanals im 3. unterägyptischen Gau, den Brugsch
auf S. 1022 seines Dictionnaire geographique (leider ohne Stellenangabe) ver-
zeichnet, und der mit dem Zeichen mr (Kanal) und dahinter diesem Zeichen
hns geschrieben wird. Zu letzterem macht mich Sethe auf die Erwähnung
des „Ufers des hns (lautlich geschrieben!) -Kanals“ in einer späten Inschrift
von Köm-el-hisn, also ebenfalls aus dem Westen des Deltas, Annales du Ser-
vice 16, S.226, aufmerksam. — Ob auch Sethe, Pyr. 1306a in diesen Zu-
sammenhang gehört?
2 Vielleicht werden uns darüber später einmal die beiden heute noch
unverstandenen Schriftzeichen am oberen Rande der Palette aufklären. Über
die unsicheren Fundumstände vgl. S. 3, Anm. 1.
 
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