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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0015
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Rechtssprachgeographie.

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Das Widerspiel zum religiösen Verkehr ist der religiöse Nicht-
verkehr, die religiöse Trennung. Daher können wir die Konfessions-
grenzen immer wieder als Dialektgrenzen antreffen, selbst zwischen
Lutheranern und Reformierten16, noch mehr aber zwischen Katho-
lischen und Evangelischen, zwischen denen sich ja nicht nur un-
bewußt Sprachunterschiede herausbildeten, sondern sogar teilweise
bewußt gepflegt wurden17, selbst in der Schriftsprache.
§ 2.
Die Rechtssprache in der Sprachgeschichte.
Zu der Feststellung, daß die Sprachgrenzen den Rechtsgrenzen
folgen, ist die Mundartforschung nicht etwa dadurch gekommen,
daß sie die Rechtssprache untersucht hat; es sind nicht Wörter
des Rechtsverkehrs kartenmäßig aufgenommen: Nein, dieses Er-
gebnis ist in erster Linie gewonnen aus der Umgangssprache. In
den berühmten vierzig Wenckersehen Mustersätzen, die dem
bewundernswerten Riesenwerk des Sprachatlas zugrunde liegen,
ist gar keine besondere Rücksicht auf den Rechtsverkehr genommen.
Kein Wort ist etwa deshalb in die Fragen einbezogen worden, weil
es ein Rechtswort ist. Auch bei den Wörtern, die in jenen Frage-
bogen als Wörter des Rechtslebens, als Rechtswörter angesehen
werden können, nämlich 'Bauer, Dorf, Pfund, Recht, stehlen, ver-
kaufen, hat wohl weder Wencker noch sonst jemand an die
Rechtssprache gedacht18. Es konnte ja auch damals nicht gut
jemand daran denken: Die Bedeutung der Rechtsgrenzen, des
Rechtsverkehrs für das Sprachleben stellte sich ja erst hinterher
heraus; gerade durch die Sprachatlasarbeit. Überdies waren da-
mals die rechtssprachlichen Probleme noch so gut wie unbekannt.
16 Kroh, Beiträge zur nassauischen Dialektgeographie, 1915 (D. Dial.
G. 4), S. 304.
17 Kluge, Oberdeutschland und die Katholiken, Von Luther bis Les-
sing4, 1904, S. 191 ff. — K. Bopp, Der Vokalismus des Schwäbischen in der
Mundart von Münsingen (Diss. Straßburg 1890). — Eine haarscharfe Dialekt-
grenze, die auf Religionsunterschieden beruht, erwähnt auch Gauchat (im
Archiv f. Studium der neueren Sprachen 111, 395) nach einer Dissertation
von Luzi über Heinzenberg in Graubünden.
18 Fischer, Geogr. d. schwäb. Mundart (1895), zeigt auf Karte 25 die
Wörter leihen und lehnen, sowie schelm. Ich zitiere nach Merk (s. Anm. 54) 99,
da mir Fischer bisher unzugänglich war. Kretschmer, Wortgeographie hat
mehrfach Rechtswörter berücksichtigt: Miete, Zins, Hauszins, die Freistatt im
Kinderspiel u. ä.
 
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