Metadaten

Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0041
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts.

41

publiziert zu werden brauchten, um die Parallele zu den Dekretalen-
sammlungen zu vollenden-.
Dabei spielte eine, aber nicht die Hauptrolle der Einfluß des
wiederentdeckten weltlich-römischen Rechts, das zuvor schon auf
die Ausbildung des kanonischen Rechts, wie wir sahen, fördernd
eingewirkt hatte, sodaß nun dem letzteren auch in dieser Beziehung
der Wind aus den Segeln genommen wurde. Eine zweite Rechts-
masse kam zu unmittelbarem neuen Leben. Damit sind wir zu
dem zweiten Grund gekommen, der die Stellung des Staates gegen
die allmächtige Papstkirche immer mehr stärkte: zu dem national-
germanischen Kirchenrecht, das uns vorhin beschäftigte, trat als
Bundesgenosse das alte kaiserliche, justinianeische Staatskirchen-
recht1. Die Kanonisten, wie der Kardinal Deusdedit, wußten wohl,
in Codex und Novellen Justinians stand manches, z. B. über das
geistliche Gericht, was nicht mit ihrer kirchlichen Überlieferung
übereinstimmte — dagegen müsse man sich setzen2. Die Gesamt-
richtung des alten ,,Kaiserrechtes“, wie das Mittelalter kurz sagte,
war eben eine andere, der Name Justinians klang vielmehr nach
höchster kaiserlicher Glorie auch der Papstkirche gegenüber. Längst
ehe Irnerius am Anfang des 12. Jahrhunderts in Bologna die eigent-
liche Renaissance der Jurisprudenz begann, hatte der Sachsen-
kaiser Otto der Dritte seinen römischen iudex bei seiner Bestallung
verpflichtet, Rom und den Erdkreis nach dem Gesetzbuch seines
sanctissimus antecessor Justinianus zu richten3; Ottos Nachfolger
haben sich in eigenen Erlassen auch als Nachfolger der alten
römisch-kaiserlichen Gesetzgebung gewußt, und als ,,authenticae“
sind schließlich einzelne Gesetze der Hohenstaufen dem Codex
Justinians eingefügt worden4 *. Soweit das abendländische Kaiser-
tum sich mit Rechtsinhalt füllte, geschah es in Zusammenhang
mit dieser Quelle, gerade den Weltansprüchen des Papstes und
seines Rechtes gegenüber. Es ist allgemein bekannt, wie sehr
Friedrich Barbarossa hier eine Stütze suchte; weniger, daß der
1 Moddermann-Schulz, Die Rezeption des r. R. (1875), S. 16ff.;
Conrat, Quellen usw., S. 62ff.
2 Deusdedit, Lib. contra invasores etc. III, 18; Conrat, 1. c. S. 369.
3 MG., Leg. IV, 662: tune dicat imperator iudici: cave ne aliqua occasione
Justiniani sanctissimi antecessoris nostri legem subvertas —•.
4 Conrat, a. a. O., S.62L; M. Fleischmann, Über den Einfluß des röm.
Rechts auf das deutsche Staatsrecht in Melanges Fitting (1908), II, 670ff.;
Codex Justin, ed. Krüger, S. 510ff.; Schröder-von Künssberg, RG.6, S. 865.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften