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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0064
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64

Hans v. Schubert:

religiöser Individualismus die Glaubensfreiheit und Unabhängigkeit
ihrer Gemeinschaft vom Staate verlangte, kamen zu den Sätzen von
der völligen Unabhängigkeit des Staates von der Kirche. Schon
Roger Williams sprach von der Trennung von Staat und Kirche
und entzog der Gesetzgebung für seine Gründung Providence das
ganze Gebiet der Religion. Amerika hat sich von dieser Wurzel
nicht mehr gelöst1. Aber nur wenig später, schon 1647 unterbrei-
teten die Leveller auch in England dem Armeerat Cromwells einen
Verfassungsentwurf, in dem alle Religionssachen der gesetzgebenden
Gewalt des Staates entnommen wurden2.
Das aber waren zugleich die Gruppen, die den demokratischen
Gedanken auch auf politischem Gebiete vorwärtsschoben. Er ist —
das dritte Moment — mit dem Toleranz- und Trennungsgedanken
untrennbar verbunden. Man muß sich erinnern, daß auch die große
politisch-demokratische Rewegung ihren Ursprung in demselben
religiösen Roden des außerdeutschen Calvinismus gehabt3, daß
dieser von Calvin und seiner Schriftauslegung her auch eine
Richtung auf Demokratie mitbekommen hat und daß er durch die
Verhältnisse gezwungen worden war, die Grundsätze der kirch-
lichen Demokratie aufs engste zu verbinden mit denen der poli-
tischen, weil auf der Gegenseite beides, Hierarchie und absolutes
Königtum, unlösbar miteinander verknüpft waren. Das Sturm-
jahrhundert führte dann in England zu jener parlamentarischen
Mischform, die sich bei einem unerhörten politisch-wirtschaftlichen
Aufschwung geeignet erwies, alle Kräfte des Volkes zu entwickeln,
und dieser Modifikation des demokratischen Gedankens entsprach
ganz die des Trennungsgedankens: es gibt noch heute eine Church
of England schlechthin, und es erscheint als ein unvollziehbarer Ge-
danke, daß der Träger der Krone, die irische Katholiken, schot-
tische Presbyterianer, englische Dissenters, indische Muhammedaner
und Hindus umschließt, einer andern Kirche angehören könne als
der „anglikanischen“ privilegierten Staatskirche4. England aber
1 Oben S. 62, A. 1. Wenn es auch in den verschiedenen Kolonien ver-
schieden aussah und der ganze religiös-politische Prozeß komplizierter war,
als Jellinek annahm, s. Hashagen, a. a. 0., doch auch S. 408. R. Williams’
Hauptschrift: The bloody tenent of persecution f'or cause of conscience.
2 Gardiner, Hist, of the great civil war III, 608f.; Jellinek S. 37f.
3 Vgl. Troeltsch S. 683f., 747, 751 f., 756, A. 414; Seeberg V, 617ff.
4 Dez. 1926 erklärte der Erzbischof von Canterbury im Oberhaus, daß
unter keinen Umständen ein Katholik die Krone tragen, Lord Chancellor
werden oder Patronatsherr über anglikanische Kirchenstellen sein könne.
 
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