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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0044
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Heinrich Mitteis:

tut, dessen Operieren mit dem gänzlich queflenwidrigen Begriff der
sententia nulla überhaupt Bedenken erregt, ist überflüssig und
irreführend.
Weniger klar liegt schon die Frage der Entziehung Bayerns.
Güterbock1 hat auf Giesebrecht2 fußend, das richtige Quellen-
bild wiederhergestellt und den Bericht Ottos von Freising von den
Entstellungen derwelfischen Nachschreiber gereinigt. Danach steht
fest, daß die Aburteilung Bayerns nicht schon im Juli 1138 in
Würzburg, sondern erst im Dezember in Goslar erfolgte, mit der
Ächtung also gar nichts zu tun hat. Die Belehnung Leopolds von
Österreich mit Bayern fand im Laufe der ersten Jahreshälfte 1139
statt3 — der genaue Termin läßt sich nicht ermitteln. Das Ver-
fahren gewährt also das Bild eines in mehreren Etappen verlaufen-
den lehnrechtlichen Versäumnisverfahrens. Der Grund zum Vor-
gehen Konrads dürfte die verweigerte Huldigung geboten haben;
diese war damals nicht mehr allgemeine Untertanenpflicht, sondern
gehörte dem Bereiche des Lehnrechts an4.
Vollkommen im Unklaren sind wir schließlich über die Ächtung
Heinrichs zu Würzburg. Zwar um einen Rechtsgrund brauchte
Ivonrad auch hier nicht verlegen zu sein, denn, wie Otto von Frei-
sing berichtet, war Konrad ja von Augsburg aufgebrochen, weil
er einen Überfall fürchtete; diese Lebensnachstellung mochte wohl
materiell zur Ächtung genügen, die Offenkundigkeit von Heinrichs
Verhalten die Ladungen entbehrlich erscheinen lassen. Aber das
sind nur Vermutungen und das, was wir wissen, daß die Richter-
bank nur ungenügend besetzt war5, daß Würzburg weder Stamm-
land noch Herzogtum des Angeklagten war6 * *, läßt in der Tat den

1 Prozeß H. d. L. 116f., Gelnhäuser Urk. 127f., insbes. 1281.
2 Gesch. d. dtsch. Kaiserz. IV, 460.
3 Bernhardi, a. a. O., 8112.
4 Waitz, VG. VI2, 77f. Jastrow a. a. O. S. 78 beruft sich darauf, daß
für die Lehnshuldigung wenigstens nach italienischem Recht eine Frist von
Jahr und Tag vorgeschrieben gewesen wäre. Doch stammt die fragliche Be-
stimmung erst aus der Summula legum feudalium Friedrichs I. von 1154. Vgl.
MG. Gonst. I, 208 (Lehmann).
5 Allerdings ist iudicium quorundam principum bei Otto v. Freising
Avelfische Interpolation. Aber daß nur wenige Fürsten dem Könige nach Würz-
burg gefolgt waren, darüber sind die Quellen einig.
6 Ficker, Reichsfürstenstand II, 2, S. 47, rechnet mit der Möglichkeit,
daß die Ächtung in Goslar wiederholt worden sei; aber auch dieses liegt nicht
im Stammland Heinrichs.
 
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