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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 1. Abhandlung): Behaviorismus und Vitalismus — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38934#0011
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Die unter dem Namen des Behaviorismus bekannte Psycho-
logenschule gibt heute in Amerika den Ton an. Erwachsen ist sie
aus einer objektiven Tierpsychologie.. Man sah das Unkritische, ja,
oft Dilettantenhafte im Vorgehen der sog. Tier-,,Psychologen“ und
besann sich ganz allgemein darauf, daß man Seelisches in un-
mittelbarer Form nur bei sich selbst, durch „Introspektion“,
erforschen kann, daß fremdes Seelische aber stets, auch beim
Menschen, nur mittelbar, nämlich als analogienhafte1 Deutung
der Bewegungen eines organischen Leibes, erforschbar ist. Beer,
Bethe und Uexküll haben, auf tier-,,psychologischem“ Gebiet,
diese Wahrheit zuerst, in einer gemeinsam verfaßten Schrift2 3, klar-
gestellt. Amerikanische Forscher, zumal Thorndike und Jen-
nings folgten und schufen den klassisch gewordenen Namen:
Animal Behaviorz. Watson übertrug bewußt Methode und Namen
auf die menschliche Psychologie4.
Die Methode des „Behaviorismus“ hatte ich selbst bereits
im Jahr 19035 bewußt auf die Erforschung des Menschen angewandt;
nicht zwar zu eigentlich psychologischen Zwecken, sondern um
meine Lehre von der Autonomie des Organischen im Rahmen der
Naturwissenschaft mit neuen Gründen zu stützen. Ich untersuchte
den „handelnden“ Menschen als Naturkörper, als „materielles
System“. Das war, und zwar auch im Rahmen einer begrifflich
weit gefaßten Psychologie, eine jedenfalls mögliche Forschungs-
methode, die indirekte, die objektive.
Watson hat nun, und viele Amerikaner sind ihm gefolgt, aus
der durchaus einwandfreien Methode eine sehr vielen Einwänden

1 Auf das Problem des „anderen Ich“ wird hier nicht eingegangen.
Deutende Analogie spielt jedenfalls eine Rolle bei seiner Behandlung; die
Frage ist lediglich, ob sie allein eine Rolle spielt oder nicht. Vgl. Grund-
probleme der Psych., 1926, S. 85, und Ordnungslehre, 2. Aufl., 1923, S. 371.
2 Vorschläge zu einer objektivierenden Nomenklatur in der Physiologie
des Nervensystems. Centralbl. f. Physiol. 1899.
3 Vgl. zumal H. S. Jennings Behavior of the lower organisms, 1906.
4 Watsons Hauptwerk: Behaviorism, 1925.
5 Die „Seele“ als elementarer Naturfaktor. Diese Schrift ist vergriffen;
ihr Inhalt ist in der Philosophie des Organischen aufgenommen.
 
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