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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0067
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Kyrios Jesus.

67

Abendmahles gehörte. Mit verdoppelter Eindringlichkeit kann
Paulus darum dieses Lied als ein Stück heiligen Dienstes Vorhalten,
eines Dienstes, zu dem die Gläubigen jetzt gleicherweise auf dem
Wege des Martyriums berufen sind1.
Aber gerade wenn dieses Lied ein Dankgebet bei der Feier des
Abendmahles war, so bleibt es dennoch die Schöpfung eines namen-
losen Dichters und Propheten; denn in der Kraft seiner Fügung,
der durchsichtigen Tiefe seiner Gedanken ist es nur wenigem ver-
gleichbar, was das Neue Testament an ursprünglichen und hohen
Zeugnissen seines Glaubens uns übermittelt; es setzt die fast
unpersönliche und begeisterte Schau eines Sängers voraus, dem das
„Schauen seiner Herrlichkeit“ d. h. eines göttlichen Sinnes und
seiner Verwirklichung in Geschichte und Welt alles Genüge bedeu-
tet. Und wieder schlingt sich damit ein Band zu den großen Worten
des johanneischen Prologes: „Wir sahen seine Herrlichkeit“. Aber
dieser Psalm ist vor Johannes und auch vor Paulus. So wird er
eines der kostbarsten Dokumente ältesten Christentums und ein
leuchtendes Beispiel der reichen und vielfältigen Kräfte, die in
ihm lebendig waren.

IV.
Fast noch bedeutsamer als die eigentümliche Art dieser Schau
ist der sachliche Gehalt dessen, was der Psalm berichtet. Es war
schon gesagt, daß kein Blick hier auf eine anbetende und bekennende
Gemeinde fällt. Nicht um Gläubige zu erwecken und zu bewahren,
ist Christus „ein Menschenbild geworden“. Das einzige Ziel seines
geschichtlichen Daseins ist die Herrschaft der Welt. Daß ein anderer
diese Herrschaft jetzt besitzt, taucht nur im Anfang des Psalmes
in flüchtiger Andeutung auf. So gewiß von der Zerstörung dieser
teuflischen Herrschaft gleichsam zwischen den Zeilen die Rede ist,
so gewiß verläuft auch der Psalm in einer eigentümlichen nur auf
Gott oder Christus gerichteten Positivität der Schilderung. Er
mündet in dem Bekenntnis, das mit den Worten der Apok. Joh.
sich ausdrücken ließe (11, 15):
1 Daher dann auch der bestimmende Einfluß, den dieser Psalm auf die
späteren liturgischen und kerygmatischen Formulierungen gehabt zu haben
scheint. Vgl. Holl, Zur Auslegung des 2. Artikels des sog. apostolischen
Glaubensbekenntnisses (Sitz.-Ber. Berl. Ak. 1919, 2ff.); Lietzmann, Messe
und Herrenmahl, 177ff.; Peterson, EIq hso? 133.
 
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