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Goldschmidt, Richard H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 6. Abhandlung): Postulat der Farbwandelspiele — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38940#0048
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R. H. Goldschmidt:

14. Indessen gibt es für den Versuch einer Ermöglichung der
E arbwandelspiele nicht nur den einen Weg einer Erörterung der
Frage, wie bei einer Darbietung der Farben als solcher deren
Form im einzelnen figürlich auszugestalten sei? Wie im
besonderen nach der Auffassung von Mendelssohn (nach 13.)
eine Schönheitslinie sich im einzelnen ausgestalten lasse ? Oder
wie sonst nach mannigfaltigen weiteren Bemühungen um abstrakte
Farben, auch nach der Auffassung von Hirschfeld Mack und
Läszlö (nach 5., 6., 9.—11.) eine Farbe jeweils im einzelnen ihre
bestgeeignete Form finde?
Für den Versuch bieten sich vielmehr neue Möglichkeiten
angesichts der tiefergreifenden Frage, ob bei einer Darbietung
der Farben als solcher passenderweise auch deren Formen im
einzelnen figürlich, also in ihrer Konfigurations-Differentiiertheit
zum Erleben gebracht werden ? Diese neue Frage unterscheidet
Erlebnisse optischer Darbietungen mit und ohne ausgesprochenes
Bewußtwerden ihrer Konfigurations-Differentiiertheit.
Mendelssohn dachte wohl nur an Erlebnisse optischer Dar-
bietungen mit einem deutlichen Bewußtwerden ihrer Konfigu-
rations-Differentiiertheit, wenn er meinte: „Farben können
nicht ohne Räume, und Räume nicht ohne Figuren vorgestellt
werden.« Und so zu denken, vielleicht sogar mit Selbstverständlich-
keit ein Mehrerlei von Farben als ihrer Natur nach notwendig
differential-konfiguriert anzunehmen, war bislang wohl herkömm-
lich, zumal im Hinblick darauf, daß es realiter unmöglich ist, ein
Mehrerlei von Farben objektiv anders als bis ins einzelne gegliedert,
oder als differential-konfiguriert, für eine Darbietung herzustellen.
Es läßt sich aber bereits einer alltäglichen Erfahrung ent-
nehmen, daß die objekthaft-reale Gliederung eines Gegenstandes
bei der Betrachtung mit einer mehr oder minder weitgehenden
Genauigkeit abgebildet werden, und demnach in einem höheren
oder niederen Grade der Konfigurations-Differentiiert-
heit erscheinen kann. Beispielsweise scheint sich auf der Wande-
rung zu einer bewaldeten Berghöhe hin die zunächst sichtbare
gesamte Konfiguration fortschreitend zu differentiieren, so daß aus
der bläulichen Erhebung nach und nach Wald und Felsen, einzelne
Baumgruppen und Bäume, Laubkronen und Stämme, Blätter und
Zweige sich von einander differentiierend hervortreten, während
das Objekt realiter unverändert bleibt. Diese Tatsache der räum-
lichen S eh sch welle bezieht sich nun freilich auf Sehdinge, die
 
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