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Nikolaus [Hrsg.]; Hoffmann, Ernst [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 3. Abhandlung): Cusanus-Texte: I. Predigten, 1: Dies sanctificatus vom Jahre 1439 — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39951#0019
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Cusanus-Texte. I. „Dies Sanctificatus“.

19

kommen-einfachen, unendlichen, über jedes Verhältnis erhabenen
Einzigen nicht angemessen sein; und es ist uns Menschen nicht
möglich, durch irgend ein Zeichen, eine Figur oder ein Sprach-
gebilde die Dreieinigkeit zu erfassen. Die höchste Wahrheit ist,
daß Gott Einer ist; die höchste Wahrheit ist aber auch, daß Gott
dreieinig ist. Und dies sind nicht zwei Wahrheiten, da es ja nicht
eine Wahrheit der Einheit gibt und eine andere der Dreiheit;
sondern Gott ist ebenso Einer wie dreifältig, und umgekehrt. Und
da nun alle Namen, die wir Gott beilegen, im Vergleich zu den
Geschöpfen gebildet sind, so müssen wir uns von den Geschöpfen
aus helfen, um zur Dreifaltigkeit aufzusteigen.
Es gibt nichts, was wir nicht erhalten haben; in jeglichem
sehen wir, daß es ein Eines, Unterschiedenes und Verbundenes ist;
diese drei Momente nämlich lassen sich im Wesen jeglichen Seins
finden; so bezeichnet auch die Einheit Unteilbarkeit, Unterschie-
denheit und Verbindung. Wenn wir also in jedem Sein, das < am
absoluten Sein) teilhat, diese drei Momente finden, und sehen,
daß die konkrete Einheit, an der die Dinge teilhaben, nur ist,
insofern sie dreifältig ist: so können wir einiges derartige auch von
Gott sagen, in übertragenem Sinne und in abstrakter Weise.
Die unendliche Einheit nämlich ist darum dreifältig, weil sie
Einheit ist, das ist Unteilbarkeit an sich; sie ist ferner unend-
liche Unterschied en h eit , das ist die Gleichheit allen Seins; sie
ist schließlich unendliche Verbindung.
Dadurch nämlich, daß Gott unendliche Einheit ist, ist
jedes Ding von ihm her eines und in sich unteilbar. Dadurch,
daß er unendliche Gleichheit ist, begreift er die Unterschieden-
heit aller Dinge in sich; denn daß ein Ding so ist, und nicht so
oder so, dies hat es von dem unendlichen Verstände oder der un-
endlichen Unterschiedenheit, das ist: von der unendlichen Gleich-
heit, durch welche das Ding das Unterschieden-Sein erlangt, ohne
das es nicht sein könnte, weder wenn es unterhalb noch wenn es
oberhalb des Unterschiedenseins wäre, — was nicht der Fall ist.
Eben aus der Unterschiedenheit also entsteht durch unsere
vergleichende Beurteilung in den Dingen die Verschiedenheit,
eben durch sie ist zwischen Dingen nie präzise Gleichheit. Die
unendliche Gleichheit aber — die zugleich unendlicher Verstand
ist — begreift alle den Unterschied setzenden Verschiedenheiten
in ihrer Einfachheit in sich.
Dadurch schließlich, daß Gott unendliche Verbindung
 
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