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Thomas; Heller, Emmy [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 4. Abhandlung): Die Ars dictandi des Thomas von Capua: kritisch erläuterte Edition — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39952#0003
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Vorwort.

Die vielgerühmte Summa dictaminis, die unter dem Namen
des päpstlichen Diktators Thomas von Capua (f 18. Aug. 1239)
in der Überlieferung geht, stellt sich in der Gestalt, in der sie uns
zumeist in den Handschriften begegnet, als ein nicht ganz komplet-
tes Formularium dar, insofern sie nur aus einer allgemein gefaßten
Theorie des Briefstils und 623—625 über 10 Bücher nach sach-
lichen Gesichtspunkten verteilten Briefstücken besteht1, die sonst
oft noch üblichen Erörterungen aber aus dem Gebiet der Diplo-
matik und Prozeßkunde vermissen läßt2. Und dem entspricht, daß
auch die Mustersammlung fast ausschließlich littere missiles bietet ;
nur ganz vereinzelt sind große Papsturkunden oder amtliche
Schriftstücke juristischen oder prozessualischen Inhalts vertreten
und zwar, mit einer Ausnahme, ohne jede formale oder sachliche
Belehrung3.
Das „Compendium der Briefstillehre“, als das sich die ein-
leitende ars einschränkenderweise selbst bezeichnet4, betont aus-
drücklich, bei der Aufstellung der Regeln dem über alles erhabenen
Stilgebrauch der römischen Kirche folgen zu wollen5, und es wäre
1 Vgl. Handschriftenausweis, S. 5.
2 Vgl. Rockinger, Q. E., S. Xllf., über die Zusammensetzung von
systematisch eingerichteten Formularien; Bärwald, Zur Charakteristik und
Kritik mittelalterlicher Formelbücher (1858), S. 5, nennt vier Bestandteile,
indem er die Einleitung von der ars abtrennt, was jedoch nur Sinn hat, wenn
jene sich auf Zweck und Ziel des ganzen Formelwerks bezieht, nicht, wie
beispielsweise bei unseren zwei Proemien, auf die stiltheoretische Einleitung
allein.
3 Unter den 625 Briefen der Sammlung befinden sich nur 51 Papst-
schreiben und 15 Exordien zu solchen; vorwiegend sind es epistole, meist
politischen oder jurisdiktioneilen Inhalts, nur Buch IX. bietet drei Konsti-
tutionen, das Exordium zu einem Privileg für St. Peter, sowie etliche Ein-
leitungen für Verleihungen sonstiger Art. Unter der übrigen Masse der Briefe
finden sich nur vereinzelt amtliche Schriftstücke, neben den Dispensen, die
z. T. Thomas’ Summa poenitentiarie entstammen, gelegentliche Prozeß-
berichte oder die Exordien für Urteile, die der Kardinal im Auftrag des Papstes
zu fällen hatte. Nur Buch X zeigt fortlaufend eine kleine Anzahl von aus-
gesprochen diplomatischen Schemata, worunter eine Pfründenverleihung mit
einer sachlich orientierenden Anmerkung versehen ist.
4 Vgl. Proemium II: „utilia quelibet sub compendio perstringentes“.
5 Ebenda.

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