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Klibansky, Raymond; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 5. Abhandlung): Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39953#0030
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30

Raymond Klibansky:

Beilagen.
I.
DER UEBERSETZER
DES PARMENIDES-KOMMENTARS.
Daß Wilhelm von Moerbeke, der als Uebersetzer mehrerer
anderer Werke des Proklos bekannt ist, auch den Parmenides-
Ivommentar übersetzt habe, vermutet bereits Macray im Oxforder
Katalog der Digbeiani. Birkenmajer1 weist darauf hin, daß die
päpstliche Bibliothek, wie aus dem ältesten Verzeichnis von 1295
hervorgeht2, ein griechisches Exemplar des Parmenides-Kom-
mentars besaß. Da erwiesen ist, daß eine Reihe anderer in diesem
Verzeichnis enthaltener griechischer Handschriften — darunter
der Timaios-Kommentar des Proklos — die Vorlage für Über-
setzungen des Wilhelm bildete, sei für den Parmenides-Kommentar
ein gleiches anzunehmen. — Die Wahrscheinlichkeit dieser Folge-
rung ist einleuchtend. Als Vermutung haben wir hinzuzufügen,
daß diejenigen griechischen Handschriften, die Wilhelm sicher
als Vorlage dienten, zum großen Teil erst von diesem aus dem
Peloponnes — wo er in den Kämpfen um das Lateinische Kaiser-
tum und nach dessen Untergang zunächst als Beauftragter des
Papstes, dann als Erzbischof von Korinth des öfteren weilte3 -
1 Verm. Untersuch, z. Gesell, d. mittelalt. Philos. (BGPM., Bd. XX. 5,
1922, pag. 18).
2 Vgl. Pleiberg, Les premiers ms. grecs de la bibl. papale (Oversigt over
det k. Danske Videnskab. Selskabs Forhandl., 1891, pag. 307).
3 Woher erhielt Wilhelm den Anstoß zur Übersetzung der Werke des
Proklos ? Ein zufälliges Vorfinden der Originale in der päpstlichen Bibliothek,
wie es meist angenommen wird, als Anlaß für die große Reihe seiner offenbar
von einem bestimmten Gedanken getragenen Übersetzungen ist wenig wahr-
scheinlich. Wie er durch Thomas zu seiner Übertragung des Aristoteles
geführt wurde, so ist auch bei seiner Arbeit an Proklos an einen persönlichen
Einfluß zu denken, der auf griechischer Seite zu suchen ist. Während vor
der Tätigkeit Wilhelms Proklos im Abendland nur durch die im XII. Jährh.
in Sizilien übersetzte "Elementatio physica’ unter eigenem Namen bekannt
war, muß es im Peloponnes eine lebendige PROKLOS-Tradition gegeben haben
(vgl. S. 23). -— Mit welchen Kreisen Wilhelm in Griechenland in Berüh-
rung kam, ist bisher noch nicht genügend erforscht; eine eingehende Dar-
stellung der Persönlichkeit Wilhelms ist für die Kenntnis der Ideengeschichte
des XIII. Jahrh. und jener folgenreichen Berührung des Abendlandes mit
Byzanz eine dringende Aufgabe.
 
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