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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 3. Abhandlung): Das Universum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.39956#0037
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Cusanus-Studien: I. Das Universum des Nikolaus von Cues.

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Denken bleibt; aber so nahe, wie beide einander kommen können,
sind sie in der Lehre des Cusanus gekommen: Christus ist die Ver-
körperung des Methexisgedankens. Sogar das Bild ist dasselbe
bei ihm und Platon:
Platon: In Eros sind die beiden Welten gebunden (SsSstou);
Cusanus: In Christus sind sie verklammert (Copula)* 1.
Bei diesem Besultat müssen wir vorläufig stehen bleiben. Die
grundsätzliche Verschiedenheit zwischen Aristotelischer und Plato-
nischer Denkform hat. in den Philosophien des Thomas und Cusanus,
welche beide christlich sind, eine Antithese geschaffen, die philo-
sophisch zum Konflikt führen muß:
Wenn man die scholastischen Gegenschriften gegen Cusanus
liest, die zu seinen Lebzeiten oder bald nachher erschienen, so sieht
dieser Kampf zunächst noch nicht sehr gefährlich aus, denn die
Positionen des Cusanus erschienen seinen Gegnern als absurd. Zur
Anerkennung gelangte Cusanus zunächst nur in humanistischen
Kreisen, als Kenner des Griechischen und Hebräischen. Zu voller
philosophischer Anerkennung kam er erst hundert Jahre später.
Kehren wir zum Schluß noch einmal ganz kurz zu dem gemein-
samen Sinn der vorgetragenen Lehrstücke zurück. Sie handelten
von der Coincidentia, der Complicatio und der Christologie. Wie
stimmen die drei zueinander? Welches ist ihr letzter Sinn? In-
wiefern machten sie Epoche ?
während für Platon das 'grundsätzlich. Andere’ der bloßen Natur gegenüber
gerade die Vernunft ist. Für Platon liegt die Wahrheit in der Dialektik, für
den Christen liegt sie in der 'Predigt der Torheit’, in der Fleischwerdung-
Gottes. Cusanus will Beides: die Dialektik und die Torheit (wie er Doctrina
und Ignorantia will). Gott hat in Christus das Tmema für die Humanitas auf-
gehoben, welches die Dialektik für die Natura setzen mußte. Daher gilt das
Tmema methodisch, die Aufhebung des Tmema aber mystisch.
1 Die Tradition ist natürlich gnostisch. Christus ist die Copula mundi,
weil er der Urmensch ist; denn vom Menschen gilt, was De ven. sap. 32 steht:
Est igitur ordo Universi prima et pretiosissima irnago aeternae et incorrupti-
bilis sapientiae, per quam tota mundi mach ina pulcherrime et pacifice persistit.
Quam pulchre copulam Universi et microcosmum hominem in supremo sensi-
bilis naturae et infimo intelligibilis locavit connectens in ipso ut in medio
inferiora temporalia et superiora perpetua. Aber schon in der D. ign. stellt
grundsätzlich, dasselbe: Nur im Universum ist Konkretion möglich; nur im
Menschen ist das Maximum der Konkretion möglich, denn allein die 'mittlere
Natur des Menschen’, die zwischen den Engeln und den übrigen Geschöpfen
steht, kann die Verbindung des Höheren und Niederen tragen (III, 3). Weit
weniger christlich sind dieselben gnostischen Gedanken verwendet in Picos
Hede De dignitate hominis.
 
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