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Gundolf, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 2. Abhandlung): Seckendorffs Lucan — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40153#0004
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Friedrich Gundolf:

Hessen-Kassel deutsche Blankverse wetteiferten mit den eng-
lischen, weniger aus Gründen der deutschen Sprache als aus
Gründen der Hofbühne, zu deren Gerät auch der Blankvers ge-
hörte. Nicht die Poeten, sondern die Mimen mühten sich um die
Wiedergabe des exotischen Sinns möglichst nah an dem Rede-
medium, worin er ihnen überliefert wurde. In den selben Be-
reich außerdichterischer, redehandwerklicher Notdurft gehört der
deutsche Blank-alexandriner Seckendorffs. Zur Geschichte der
angewandten deutschen Ästhetik im 17. Jahrhundert liefert die
Vorrede des nachdenklichen Einzelgängers, worin er sein Unter-
fangen erläutert, entschuldigt und anpreist, einen Beitrag, der über
das Gewicht seiner Dolmetsch-leistung hinausweist und gerade
durch seine scheinbare Eigenheit das Gesamtverfahren, den Denk-
und Redegang der Opitzianischen Poeten verdeutlicht — wie
bestimmte Krankheitszeichen das Wesen und das Gesetz des ge-
sunden Gewächses manchmal klarer erkennen lassen als sein un-
verstörter Bestand.
Ich führe den Titel von Seckend orffs Buch an und einen
Teil der „Vorrede Zum unterricht des geneigten lesers / und ein-
leitung zu gutem gebrauch dieses wercks.“ „Herrn Veit Ludwigs
von Seckendorff / Churf. Brandenb. Geheimen Raths und Cantz-
lers der Universität zu Halle in Sachsen / Politische und Moralische
DISGURSE über M. ANNAEI LUGANI dreyhundert auserlesene
lehrreiche Sprüche / und dessen heroische gedichte genannt PHAR-
SALIA, auf eine sonderbare neue manier ins deutsche gebracht /
und dem lateinischen auf iedes blatt gegen über gesetzt / Nebst
beygefügter erklärung derer dunckeln und schweren redens-arten /
auch nötigem register. Leipzig / In Verlegung Moritz Georg Weid-
mans Erben und Johann Ludwig Gleditsch 1695.“
„Die Veranlassung dieser arbeit/welche vermuthlich mancher-
ley urtheil wird zu leiden haben / ist diese gewesen: als mir vor
ungefehr zwantzig jahren die frantzöische Übersetzung des Lucani
durch einen lieben freund aus Franckreich mit gebracht / und dabey
berichtet wurde / daß die Frantzosen solche Übersetzung höher / als
das original, oder die lateinischen bücher des Lucani hielten / so
suchte ich gedachten Cavallier zu bedeuten / daß keine Übersetzung
die zierde und den nachdruck des Autoris, welcher mir in der
jugend sehr bekandt gewesen / erreichen könte / es wäre auch / zu-
mahl die frantzöische so wohl als die teutsche / und alle andere
poeterey / die in reimen bestünde / unbeqvem zur eigentlichen
 
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