Metadaten

Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 3. Abhandlung): Ein Epodos des Archilochos — Heidelberg, 1930

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40154#0004
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
4

Otto Immisch:

Man muß indessen Motiv und Zusammenhang der Zitation be-
achten. Lukillos, in seinem Sprichwörterhuch, will αίνος und
παροιμία unterscheiden, definiert deshalb αίνος als eine Geschichte,
wo άλογα ζωα (oder φυτά) auftreten, und gibt dafür u. a. aus Archi-
lochos Belege. Zunächst Fr. 89 D. (86 B.), die Verse vom Fuchs und
Adler, wo die für den αίνος charakteristische Tiergeschichte
sofort zu-Beginn-einsetzt. Wenn er mit unserm Epodos ein zweites
Beispiel hinzufügt, so deshalb, weil hier der Tiergeschichte eine An-
rede vorangeht, die uns zunächst in den menschlichen Kreis des
Dichters versetzt: καί πάλιν, όταν λέγη ,,έρέω τιν’ ύμΐν κτλ“,
είτ έπιφέρει ,,πίθηκος ηει κτλ.“ Man sieht leicht, da ist όταν
gemeint wie ein καί όταν, und είτα, als ob noch ein όμως dabei-
stünde; man könnte geradezu übersetzen: „so bringt er doch
gleich drauf usw.“ Vor allem aber: warum hätte Lukillos, dem
es seinem Sinnzusammenhang gemäß auf den Inhalt der Fabel,
auf das Was, hier gar nicht ankam, sondern nur auf das Daß,
auf den Umstand, daß auch in diesem Fall eine Tierfabel sich ein-
stellte, ·— warum hätte er hinter dem Eingangsdistichon einen
so großen Sprung gemacht gleich bis zur letzten Nummer der
LuRiAschen Fabelreihe, wo doch auch schon das erste Glied dieser
Beihe Tierfabel gewesen wäre, also gerade das dargeboten hätte,
was er brauchte ? Weil mithin dieser Sprung sinnlos wäre, deshalb
dürfen wir fortfahren, in V. 3 den wirklichen Anfang der Fabel zu
erblicken; die Voraussetzung für das LuRiAsche Vakuum ist
hinfällig.
Unmöglich sind aber auch verschiedene Einzelheiten der Re-
konstruktion. Seltsam berührt uns, daß der Affe, obwohl er doch
nach Luria1 schon König ist, „einsam, abgeschieden von den
Tieren, in der Einöde“ wandelt. Die Auskunft lautet (S. 15):
er suchte die Einsamkeit auf, weil er der höfischen Schmeichelei
und Etikette überdrüssig war. Ist eine solche Sentimentalität der
archaischen Dichtung zuzutrauen ? ist sie’s der Tierfabel über-
haupt ? — Wo der Affenkönig in die Falle gelockt wird, sagt
Luria: „als der Affe Fleisch sieht, vergißt er sein ganzes könig-
liches Gebahren. Er kriecht auf allen Vieren zum Fleische“, und:
„kaum hatte der gierige Affe das Fleisch gefaßt usw.“ Rechnet
denn Luria die Affen zu den Carnivoren ? Erkennt und zitiert doch
selbst die hübsche Geschichte Lukians von den dressierten Affen,
1 Wie früher schon Buchholz wollte, der aber zu diesem Zweck keine
Lücke annahm, sondern άρχός. κριθεις aus άποκριθεΐς. machte.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften