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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0073
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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ac tertio, vgl. oben S. 67, 69). Um zu kürzen, hat diese Mittelquelle
jene einschneidende Abänderung vorgenommen (Soldat kommt zum
Grabmal, weil er Durst hat, nicht weil er das geheimnisvolle Licht
sieht), die jetzt, sehr zum Schaden des Aufbaus, in den beiden
Fabelformen vorliegt. Bei Romulus sind höchstens sekundäre Ein-
flüsse von Phädrus her zu erkennen. Thieles Annahme, erst Petron
habe ein dürres Argumentum aus einer Exemplasammlung zu seiner
kunst- und reizvollen Novelle ausgestaltet, scheitert schon an der
literarhistorischen Unwahrscheinlichkeit eines solchen Quellenzu-
sammenhanges, lieh sich aber auch in allen Einzelfragen widerlegen.
Der Anschluß Petrons an Aristides - Sisenna — oder wer es
sei — schließt natürlich Freiheit im entscheidenden Punkte des per-
sönlichen Stils nicht aus. Diese Anmut der Form; die vollendete
αφέλεια der Diktion; die Kunst, auch in kleinsten Handlungselementen
zu spannen und zu retardieren; die geistreich parodische Verwen-
dung der klassischen Virgilverse in einem solchen Zusammenhang;
die gedankliche Prägung jedes Satzes; Tempo und Rhythmus der
durchsichtigen Perioden, beziehungsweise das Einordnen der wenigen
kurzen Sätze an gewissen Stellen (111, 13; 112, 1; 2; 7); die paar
drastischen Einsprengsel in den urbanen Plauderton — all das zeigt
unverkennbar das Gepräge von Petrons stark ausgesprochener Eigen-
art. Wie Lafontaines Matrone d’Eph'ese bei anderer Sprache und
Form (Gonte en vers) Petron nah und fern zugleich steht, nicht
wesentlich anders wird Petron zu Aristides stehen. Stoffe und
Motive sind Freigut; man nimmt, was gefällt. Entscheidend für die
\Vertung ist nicht das Woher, sondern das Wie: ob der Nach-
komme versteht, dem Traditionsgut den Stempel der eignen Art zu
geben, das Schmuckstück so zu fassen, daß es neu und in sich rein
und einheitlich wirkt. Aus der Masse der neueren Gestaltungen des
Stoffes hebt sich Lafontaines zierliche Anmut heraus, und ebenso
mag all die antiken Formungen der helle, heitere, überlegene Geist
Petrons überragt haben.
 
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