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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0011
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Der Nationalismus und die deutschen Universitäten.

11

Schon der Herausgeber hat gesehen, daß Jahns Abneigung
gegen die Kränzchen nicht etwa nur persönlich-sittlichen Gründen,
sondern seiner Zugehörigkeit zu einer studentischen Gegenbewe-
gung, den freimaurerischen Studentenorden, entsprang. Außer aus
dem im Briefe beifällig zitierten Wahlspruch eines seiner Freunde
,,'Vivat amicitia, vivat vera amicitia, fructus honoris“ geht dies
auch aus der an den Briefkopf gesetzten Doppelreihe von zehn kreis-
förmigen Punkten hervor: Sie bedeuten nicht, wie der Herausgeber
will, die Buchstaben des Ortsnamens Frankfurt, sondern sind das
Geheimzeichen des Amicistenordens, für den Jahn im Frühjahr
des folgenden Jahres als Werber erscheint, ein Zeichen, wie es
später noch vielfach als Bestandteil der ersten Verbindungszirkel
vorkommt10. All das ist um deswillen so wichtig für das Verständnis
der studentischen Bewegungen im Zeitalter der Französischen Re-
volution, weil es einen ersten Anhaltspunkt in der unübersehbaren
Mannigfaltigkeit ihrer soziologischen Charakterzüge bietet. Daß
die spätere „Burschenschaft“ sich erst in langer, durchaus nicht
grundsätzlicher Entwicklung aus den Landsmannschaften der alten
Universitäten herausgebildet hat, ist schon von Herman Haupt
entgegen besonders der achtundvierziger Geschichtschreibung der
Brüder Richard und Rorert Keil schlagend nachgewiesen wor-
den* 11. Aber auch für die Zeit vor den Befreiungskriegen gehen nicht
nur die Bezeichnungen der studentischen Verbindungen als Orden,
Logen, Krän zchen, Landsmannschaften oder Burschenschaften bunt
durcheinander — war doch der ,,Burschen“-Name ursprünglich
nichts anderes als ein aus dem kollektiven Singular „Burse“, dem
mittelalterlichen Studentenheim, gebildeter individueller Singular12.
10 Vgl. G. Schuster. Die Geheimen Gesellschaften 2 (Lpz. 1906), 230ff.
und die Zeichentafeln im Anhang zu W. Fabricius, Die Deutschen Corps2
(Frkft. 1926).
11 Quellen und Darst. z. Gesch. der Burschenschaft 1 (1910), 18ff.
12 Wie Frauenzimmer und camerata—Kamerad, Grimm Wtb. 2, 548.
Unter dem Versuch, die wechselnden Parteiungen grundsätzlich zu unter-
scheiden, leidet m. E. auch die Darstellung von P. Wentzcke, Gesch. der
Deutschen Burschenschaft 1 (Quellen u. Darst. 6, 1919), 22ff., 376ff. Vgl.
den Bericht des Rektors Kosegarten in Greifswald 1829 über seine Studenten-
zeit 1.808 (bei O. Heinemann, Quellen u. Darst. 4, 133, Anm. 7): Der „Duell-
komment ward von Zeit zu Zeit erneuert und vorgelesen. Ebenso war der
Verruf in Gebrauch gegen solche Studenten, von welchen man glaubte, daß
sie durch ihr Betragen die Ehre des corpus studiosorum befleckten. Auch
nannte man sich: die Greifswalder Burschenschaft, da bekanntlich alle Stu-
denten Burschen hießen.“
 
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