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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 4. Abhandlung): Jungfrauensohn und Krippenkind: Untersuchungen zur Geburtsgeschichte Jesu im Lukas-Evangelium — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40162#0014
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14

Martin Dibelius:

statt τό ovo μα τής παρθένου liest. Die davidische Herkunft wird
der Maria zugeschrieben; für die Jungfrauengeburt kommt ja
allein der Rang der Mutter in Betracht. Die völlig beziehungslose
Erwähnung des Josef fällt weg. Nun erst hat die verwunderte
Frage der Maria ihren besonderen Sinn: wie soll solches — die
Geburt des messianischen Kindes — geschehen, da ich mit keinem
Mann Umgang pflege, also überhaupt kein Kind haben werde ? Und
auch die demütige Versicherung, in die das Ganze ausläuft: „mir
geschehe nach deinem Wort“ hat nun erst ihren vollen Klang, da
überhaupt kein Mann im Gesichtskreis Marias aufgetaucht ist1.
Die Erwähnung Josefs gehört also ursprünglich in die Ge-
schichte von der Verkündigung gar nicht hinein. Lukas selbst ist
es, der sie einfügte, um der Erzählung eine Beziehung zu der Weih-
nachtsgeschichte Lukas 2 zu geben. Dort sind Maria und Josef
als Eltern Jesu genannt. Und auch dort hat, wie sich noch zeigen
wird, Lukas einen Ausgleich vorgenommen: er hat gegen alle Wahr-
scheinlichkeit und gegen den offenbaren Sinn der Erzählung, die
von einem Ehepaar handelt, Maria als „Verlobte“ (έμνηστευμένη)
Josefs statt als sein Weib bezeichnet.
Aber Lukas hat der Verkündigungs-Geschichte auch noch eine
andere Beziehung gegeben; er hat sie mit der Erzählung von der
Geburt des Täufers verbunden. Er führt die Mütter seiner beiden
Helden zusammen und läßt den einen Ungeborenen von dem anderen
begrüßt werden. Diese Erzählung von dem Besuch Marias bei
Elisabeth scheint mir keine dem Lukas überlieferte selbständige
1 Die Einfachheit dieser Lösung und ihre Selbstverständlichkeit für die
traditionsgeschichtliche Kritik spricht entscheidend gegen die im Text er-
wähnte Hypothese, die Verse 1, 34. 35 seien ein Einschub (Hillmann, Jahrb.
f. prot. Theol., 1891, 213ff.; Harnack, ZNTW. 1901, 53ff.). Als wichtigster
Beweis dafür pflegt die Erwägung angeführt zu werden, es könne demselben
Autor nicht eine so widerspruchsvolle Darstellung zugeschrieben werden:
Zacharias werde für seinen Zweifel gestraft, Maria aber empfange zum Lohn
für ihren Zweifel eine besondere Verkündigung. Darum müsse die Zweifels-
frage der Maria mit ihrer Beantwortung durch den Engel aus dem Text ent-
fernt werden. Aber jene Schwierigkeit läßt sich auch ohne Interpolations-
hypothese lösen, wenn man annimmt, daß beide Erzählungen aus ganz ver-
schiedenen Kreisen stammen. Die täuferische Legende hält den Zweifel für
strafbar; dem Autor der Verkündigungsgeschichte aber erscheint die Frage
der Maria harmlos; ebenso denkt der Verfasser des Evangeliums, wenn er 1, 45
ausdrücklich den Glauben der Maria betont. Eine Korrektur zur Entlastung
der Maria ist es, wenn eine altlateinische Handschrift (b) statt der zweifelnden
Frage der Maria ihre Antwort aus V. 38 bringt (ähnlich das Protevangelium
Jacobi 11).
 
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