Metadaten

Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 4. Abhandlung): Jungfrauensohn und Krippenkind: Untersuchungen zur Geburtsgeschichte Jesu im Lukas-Evangelium — Heidelberg, 1932

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40162#0033
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Jungfrauensohn und Krippenkind.

OO

druck, daß diese Beweisführung unabhängig ist von der Deutung
der Frauen auf die Tugenden; denn diese Deutung kommt über-
haupt nur bei Lea und Rebekka zur Erwähnung. Die Idee der
göttlichen Zeugung mit diesen Frauen scheint von einem bestimm-
ten Verständnis des Bibeltextes getragen zu sein, scheint aber nicht
mit der Tugend-Allegorie zusammenzuhängen. Man wird also ge-
neigt sein, jenes Verständnis des Bibeltextes, im Gegensatz zu dieser
Allegorie, nicht als phiionische Erfindung zu betrachten, sondern
aus der Exegese des hellenistischen Judentums abzuleiten. Die Er-
kenntnis, daß Paulus dieselbe Exegese vertritt, macht uns dessen
gewiß. Um so bedeutungsvoller ist für unser Problem, was Philo
von diesen vier Frauen zu sagen hat:
1. Sara wird schwanger, als Gott auf sie, die Vereinsamte,
schaut (De Cherub. 45 τότε κύουσαν, ότε ο Τεός αύτήν (αονωΤεΐσαν
έπισκοπει), sie gebiert aber nicht dem, der auf sie geschaut hat,
sondern dem Abraham. Die Vereinsamung der Sara, im Bibeltext
Gen. 21, 1 nicht erwähnt, sachlich wohl aus der Bevorzugung der
Hagar zu erklären, ist hier betont, um auszudrücken, daß sie nicht
vom Mann empfangen habe. Philo sagt also mit einem anderen
Wort genau dasselbe von Sara aus, was Paulus mit Verwendung
von Jes. 54, 1 (τά τέκνα τής ερήμου) behauptete! μονοιΤεΐσα hier
und έρημος dort beweisen, daß Philo wie Paulus auf eine gemein-
same Interpretation zurückgehen, nach der Isaak ohne Zutun Abra-
hams erzeugt wurde.
2. Leas Mutterschoß wird durch Gott geöffnet; άνοιγνύναι δέ
μήτραν άνδρός Ι'διον (De Cherubim 46); auch von ihr wird betont,
daß sie nicht Gott, sondern dem Jakob gebiert. Das Öffnen des
Mutterschoßes, Gen. 29, 31 lediglich von der Empfängnis verstan-
den, im Gegensatz zur Unfruchtbarkeit der Raliel, wird durch den
Kommentar Philos deutlich genug auf die Ausschaltung des Mannes
bezogen.
3. Rebekka wird schwanger von dem, den Isaak ihrer Un-
fruchtbarkeit wegen angefleht hat, also von Gott (πάλιν Ισαάκ . . .
τον Θεόν ικετεύσαντος, έκ του ίκετευΤέντος έγκυος . . . 'Ρεβέκκα γίνεται,
De Cherubim 47). Auch hier ist das Entscheidende, die Vaterschaft
Gottes, nicht dem Bibeltext Gen. 25, 21 entnommen.
4. Vollends bei Zippora bietet die Bibel, Exodus 2, 22 nur die
Angabe, daß Moses die Zippora zur Frau bekam und daß sie
schwanger wurde. Philo aber weiß, daß Moses sie schwanger findet,
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1931/32. 4. Abh. 3
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften