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Martin Dibelius:
aber keinesfalls von einem Sterblichen (Σεπφώραν Μωυσής λαβών
ευρίσκει κύουσαν έξ ούδενός θνητού τό παράπαν De Cherubim 47).
Es bedarf wohl keines Zeugnisses weiter dafür, daß das helle-
nistische Judentum die aus irgend einem Grunde als wunderhaft
vorgestellten Geburten berühmter Frommer von Gott unter Aus-
schaltung des menschlichen Vaters ableiten konnte. Paulus und
Philo beweisen es in ihrer Übereinstimmung. Mit der Tugend-
Allegorie Philos hat Paulus dabei nichts zu tun. Aber auch von
einem Mythus kann hier nicht gesprochen werden1. Das Interesse
richtet sich durchaus nicht auf die Art des Vorgangs, die Verbin-
dung von Gott und irdischem Weib; es wird nichts erzählt, was
sich zwischen Himmel und Erde abspielt, sondern es wird fest-
gestellt, daß die unter besonderen Verhältnissen stattfindende Er-
zeugung eines Frommen dem Eingreifen Gottes ohne Beteiligung
des Mannes zu danken sei. Diese Ausschaltung des Ehemannes
kann zum Teil mit einem Bibelwort begründet werden: Paulus zieht
bei Sara Jes. 54, 1 heran; Philo beruft sich bisweilen auf Bibel-
worte, aber seiner Behandlung.der Zippora fehlt eine solche Be-
ziehung, und gerade da schließt Philo die Zeugung durch einen
Sterblichen besonders deutlich aus! Man kann also auch nicht
sagen, daß die ganze Vorstellung das Ergebnis der Bibel-Exegese
sei; sie ist vielmehr in die Bibelstellen zum größten Teil erst hinein-
getragen. Eine besondere Bedeutung scheint nach dem Buch der
Jubiläen und nach Philo die Septuaginta-Übersetzung der Stelle
von Saras Empfängnis Gen. 21, 1 gehabt zu haben: Κύριος έπε-
σκέψατο τήν Σάρραν. Philo gibt das mit επισκοπεί wieder (De Cheru-
bim 45) und redet dann von Gott als τω τήν έπίσκεψιν πεποιημένω;
Sara gebäre aber nicht ihm, sondern dem Abraham. Dabei scheint
er also έπισκοπεΐν auf die Zeugung zu beziehen. Das ist lehrreich
für die Bedeutung von έπισκιάζειν bei Lukas: beide Male erhält
1 Leisegang, Pneuma Hagion 45, wendet sich gegen die von Carl
Clemen in der 1. Auflage seiner Religionsgeschichtl. Erklärung des Neuen
Test. 2301'. vorgetragene These eines jüdischen Mythus von der jungfräulichen
Geburt der Patriarchen. Mit Recht, sofern von Jungfrauen in dieser Paulus-
Philo-Exegese keineswegs die Rede ist (wohl aber bei Philo in der Fortsetzung-
der analysierten Stelle s. unten) und ebensowenig von einem Mythus, der die
Vermählung darstellt. Unrecht scheint mir Leisegang aber zu haben, wenn
er die ganze oben analysierte Betrachtung Philos auf die hellenistische Mystik
dieses Autors zurückführt und jüdisch-hellenistische Traditionen ausschließt;
er hat dabei das Zeugnis des Paulus übersehen, das die Existenz einer solchen
Tradition beweist.
Martin Dibelius:
aber keinesfalls von einem Sterblichen (Σεπφώραν Μωυσής λαβών
ευρίσκει κύουσαν έξ ούδενός θνητού τό παράπαν De Cherubim 47).
Es bedarf wohl keines Zeugnisses weiter dafür, daß das helle-
nistische Judentum die aus irgend einem Grunde als wunderhaft
vorgestellten Geburten berühmter Frommer von Gott unter Aus-
schaltung des menschlichen Vaters ableiten konnte. Paulus und
Philo beweisen es in ihrer Übereinstimmung. Mit der Tugend-
Allegorie Philos hat Paulus dabei nichts zu tun. Aber auch von
einem Mythus kann hier nicht gesprochen werden1. Das Interesse
richtet sich durchaus nicht auf die Art des Vorgangs, die Verbin-
dung von Gott und irdischem Weib; es wird nichts erzählt, was
sich zwischen Himmel und Erde abspielt, sondern es wird fest-
gestellt, daß die unter besonderen Verhältnissen stattfindende Er-
zeugung eines Frommen dem Eingreifen Gottes ohne Beteiligung
des Mannes zu danken sei. Diese Ausschaltung des Ehemannes
kann zum Teil mit einem Bibelwort begründet werden: Paulus zieht
bei Sara Jes. 54, 1 heran; Philo beruft sich bisweilen auf Bibel-
worte, aber seiner Behandlung.der Zippora fehlt eine solche Be-
ziehung, und gerade da schließt Philo die Zeugung durch einen
Sterblichen besonders deutlich aus! Man kann also auch nicht
sagen, daß die ganze Vorstellung das Ergebnis der Bibel-Exegese
sei; sie ist vielmehr in die Bibelstellen zum größten Teil erst hinein-
getragen. Eine besondere Bedeutung scheint nach dem Buch der
Jubiläen und nach Philo die Septuaginta-Übersetzung der Stelle
von Saras Empfängnis Gen. 21, 1 gehabt zu haben: Κύριος έπε-
σκέψατο τήν Σάρραν. Philo gibt das mit επισκοπεί wieder (De Cheru-
bim 45) und redet dann von Gott als τω τήν έπίσκεψιν πεποιημένω;
Sara gebäre aber nicht ihm, sondern dem Abraham. Dabei scheint
er also έπισκοπεΐν auf die Zeugung zu beziehen. Das ist lehrreich
für die Bedeutung von έπισκιάζειν bei Lukas: beide Male erhält
1 Leisegang, Pneuma Hagion 45, wendet sich gegen die von Carl
Clemen in der 1. Auflage seiner Religionsgeschichtl. Erklärung des Neuen
Test. 2301'. vorgetragene These eines jüdischen Mythus von der jungfräulichen
Geburt der Patriarchen. Mit Recht, sofern von Jungfrauen in dieser Paulus-
Philo-Exegese keineswegs die Rede ist (wohl aber bei Philo in der Fortsetzung-
der analysierten Stelle s. unten) und ebensowenig von einem Mythus, der die
Vermählung darstellt. Unrecht scheint mir Leisegang aber zu haben, wenn
er die ganze oben analysierte Betrachtung Philos auf die hellenistische Mystik
dieses Autors zurückführt und jüdisch-hellenistische Traditionen ausschließt;
er hat dabei das Zeugnis des Paulus übersehen, das die Existenz einer solchen
Tradition beweist.