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Martin Dibelius:
die erzählen, wie der Gott Asklepios, keineswegs als Liebhaber,
sondern als Helfer den Bann der Unfruchtbarkeit von sterilen
Frauen nimmt und ihnen unter Ausschaltung des Ehemanns zu
Kindern verhilft; diese gelten dann aber als Kinder des Ehemannes.
Diese Vorstellungen kommen für das jüdische Theologumenon von
der göttlichen Zeugung nicht als Quelle, sondern nur als Analogie
in Frage; als eine indirekte Bestätigung dessen, was Plutarch von
den Ägyptern zu sagen weiß. Die erhaltenen Berichte (Ditten-
berger, Sylloge3 1169* 1) erzählen dreimal von der Heilung einer
unfruchtbaren Frau. Dergleichen scheint also dort nichts Verein-
zeltes gewesen zu sein2. Am bedeutsamsten ist der Bericht über
Nikasibula aus Messene, die περί παίδων ins Heiligtum gekommen
war (Nr. 1169, Zeile 129ff.). Sie sah im Tempelschlaf den Gott
mit einer Schlange, meinte von dieser Schlange begattet zu werden
und gebar infolgedessen zwei Knaben. Der Aristomeda oder Aga-
meda -— der Name ist nicht vollständig überliefert — aus Keos
(1169, Zeile 116ff.) kroch (das Wort ist ergänzt) die Schlange über
den Leib, und sie gebar 5 Knaben. Im Fall der Andromache aus
Epirus (1169, Zeile 60ff.) ist es der Gott selbst, der der Frau
mit der Hand über den Leib streicht und „daraufhin bekam Andro-
kungsweise auf diese Berichte verwiesen, hat sie aber nur als Beweis für die
Verbreitung jener mythischen Theogamie-Vorstellung gewertet und den Unter-
schied nicht hervorgehoben.
1 Vgl. Inscr. Graecae IV 952 und die 'neueste Veröffentlichung und Text-
herstellung bei Herzog, Wunderheilungen von Epidauros, Philologus, Suppl.
22, 3 (1931).
2 Diese Heilungsinschriften von Epidauros stellen nicht die originalen
Inschriften auf den Weihgaben dar, sondern priesterliche Redaktionen der
Votivinschriften. Den Beweis liefert gleich der erste Bericht Nr. 1168, Zeile 3ff.:
er zitiert die ursprüngliche Votivinschrift, und so sehen wir, daß diese viel
Geringeres besagte als der priesterliche Wunderbericht. Aber man muß sich
vor genereller Beurteilung dieser ιάματα hüten. Manche mögen,wie der erwähnte
Fall, auf priesterlicher Übertreibung des Inhalts der Votivtafeln beruhen,
andere auch auf der Verwendung geläufiger Legendenmotive. Aber auch wirk-
liche „Zufallsheilungen“, begreiflich aus der Erregung über den Aufenthalt
am heiligen Ort, kommen vor (Nr. 1168, 111 ff., 125ff.; Nr. 1169, 35ff., 133ff.),
vor allem aber wirkliche Kuren, vorgenommen von dem Priester an dem im
kataleptischen Inkubationszustand befindlichen Patienten: 1168, 122ff. 1169,
119ff. Spuren von Blut oder von Erbrochenem erinnern den erwachten Pa-
tienten an den nächtlichen Eingriff: 1169, 122ff. 38ff. Um solche wirklich
vorgenommenen Operationen scheint es sich auch in den oben besprochenen
Fällen zu handeln; uns interessiert hier die Vorstellung, von der aus man das
Geschehene interpretierte.
Martin Dibelius:
die erzählen, wie der Gott Asklepios, keineswegs als Liebhaber,
sondern als Helfer den Bann der Unfruchtbarkeit von sterilen
Frauen nimmt und ihnen unter Ausschaltung des Ehemanns zu
Kindern verhilft; diese gelten dann aber als Kinder des Ehemannes.
Diese Vorstellungen kommen für das jüdische Theologumenon von
der göttlichen Zeugung nicht als Quelle, sondern nur als Analogie
in Frage; als eine indirekte Bestätigung dessen, was Plutarch von
den Ägyptern zu sagen weiß. Die erhaltenen Berichte (Ditten-
berger, Sylloge3 1169* 1) erzählen dreimal von der Heilung einer
unfruchtbaren Frau. Dergleichen scheint also dort nichts Verein-
zeltes gewesen zu sein2. Am bedeutsamsten ist der Bericht über
Nikasibula aus Messene, die περί παίδων ins Heiligtum gekommen
war (Nr. 1169, Zeile 129ff.). Sie sah im Tempelschlaf den Gott
mit einer Schlange, meinte von dieser Schlange begattet zu werden
und gebar infolgedessen zwei Knaben. Der Aristomeda oder Aga-
meda -— der Name ist nicht vollständig überliefert — aus Keos
(1169, Zeile 116ff.) kroch (das Wort ist ergänzt) die Schlange über
den Leib, und sie gebar 5 Knaben. Im Fall der Andromache aus
Epirus (1169, Zeile 60ff.) ist es der Gott selbst, der der Frau
mit der Hand über den Leib streicht und „daraufhin bekam Andro-
kungsweise auf diese Berichte verwiesen, hat sie aber nur als Beweis für die
Verbreitung jener mythischen Theogamie-Vorstellung gewertet und den Unter-
schied nicht hervorgehoben.
1 Vgl. Inscr. Graecae IV 952 und die 'neueste Veröffentlichung und Text-
herstellung bei Herzog, Wunderheilungen von Epidauros, Philologus, Suppl.
22, 3 (1931).
2 Diese Heilungsinschriften von Epidauros stellen nicht die originalen
Inschriften auf den Weihgaben dar, sondern priesterliche Redaktionen der
Votivinschriften. Den Beweis liefert gleich der erste Bericht Nr. 1168, Zeile 3ff.:
er zitiert die ursprüngliche Votivinschrift, und so sehen wir, daß diese viel
Geringeres besagte als der priesterliche Wunderbericht. Aber man muß sich
vor genereller Beurteilung dieser ιάματα hüten. Manche mögen,wie der erwähnte
Fall, auf priesterlicher Übertreibung des Inhalts der Votivtafeln beruhen,
andere auch auf der Verwendung geläufiger Legendenmotive. Aber auch wirk-
liche „Zufallsheilungen“, begreiflich aus der Erregung über den Aufenthalt
am heiligen Ort, kommen vor (Nr. 1168, 111 ff., 125ff.; Nr. 1169, 35ff., 133ff.),
vor allem aber wirkliche Kuren, vorgenommen von dem Priester an dem im
kataleptischen Inkubationszustand befindlichen Patienten: 1168, 122ff. 1169,
119ff. Spuren von Blut oder von Erbrochenem erinnern den erwachten Pa-
tienten an den nächtlichen Eingriff: 1169, 122ff. 38ff. Um solche wirklich
vorgenommenen Operationen scheint es sich auch in den oben besprochenen
Fällen zu handeln; uns interessiert hier die Vorstellung, von der aus man das
Geschehene interpretierte.