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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 4. Abhandlung): Jungfrauensohn und Krippenkind: Untersuchungen zur Geburtsgeschichte Jesu im Lukas-Evangelium — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40162#0045
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Jungfrauensohn und Krippenkind.

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Jesu aber war der Name dieses Vaters Jesu bekannt; die Ge-
schlechtsregister Jesu nennen ihn und ebenso die Nazarethgeschichte
in ihrer allerdings nicht ursprünglichen Lukasform (Luk. 4, 22,
siehe auch Joh. 6, 42). Gehört er auch nicht in die älteste Schicht
der Überlieferung, so doch in die zweite. Die Person dieses irdi-
schen Vaters erhält nun einen Platz in der Legende von der
Erzeugung aus der Jungfrau. Das geschieht mit aller Deutlichkeit
in der apologetischen Darstellung Mt. 1, 18—25, die ich bereits
analysiert habe (S. 24—26). Diese Einbeziehung des Vaters war
notwendig, sobald man die Legende von der wunderbaren Er-
zeugung nicht isoliert erzählte, sondern in einen größeren Zusam-
menhang stellte: Jesus war als Sohn eines Elternpaares geboren
worden; der irdische Vater trat also im Fortgang der Erzählung
auf und mußte darum zu der wunderbaren Erzeugung des Kindes
in irgendeine Beziehung treten. Damit aber wurde die dritte
Etappe in dem Prozeß erreicht, den wir betrachten. Denn die
Frage nach dem Recht dieses Vaters an der jungfräulichen
Mutter und dem göttlichen Kinde hat einen erheblichen Einfluß
auf die weitere Gestaltung des Stoffes gewonnen.
Für das Judentum, auch das hellenistische Judentum, war
diese Frage kein Problem. Im Midrasch hat die Erzählung von dem
wunderbaren Eingreifen Gottes bei der Erzeugung heiliger Männer
überhaupt nicht zu einer Ausschaltung des irdischen Vaters geführt
(s. oben S. 27L). Philo aber, der die Erzeugung dieser Söhne Gott
allein zuschreibt, löst die Frage nach dem Recht des Vaters auf
einfache Weise (s. oben S. 32, Anm. 4): Gott gibt den Samen;
aber er erzeugt nichts für sich, da er bedürfnislos ist; die Frucht
ist daher sein Geschenk an den, der es zu empfangen nötig hat —-
und darum gebiert Sara dem Abraham (De Cherubim 44f.).
Während die Erzeugung κατά πνεύμα vom hellenistischen Juden-
tum aus zu begreifen ist, das Jungfrauenmotiv sich als „heidnischen“
Ursprungs erwies, aber vom hellenistischen Judentum vermittelt
war, scheinen für die Einbeziehung des irdischen Vaters nur „heid-
nische“ Analogien in Frage zu kommen. In der Tat können und
müssen mit diesem dritten Entwicklungsstadium der christlichen
Vorstellung die verschiedenen Überlieferungen verglichen werden,
(so Schlier, Religionsgeschichtl. Untersuchungen zu den Ignatiusbriefen
28 ff.); erst beim Eingehen in clie Form der schildernden Erzählung wäre dann
das Motiv dahin geändert worden, daß aus dem Stern, der der Erlöser ist, der
Stern wurde, der seine Gehurt ankündigt.
 
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