Das Pindargedicht des Horaz.
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zugetraut oder zugeschoben werden kann. Bestätigt wird die Zu-
sammengehörigkeit von lyrischer Dichtung im ζήλος πινδαρικός und
dichterischen Bestrebungen des Julius Antonius durch die Stelle,
an der Horaz die Anrede nochmals mit Hilfe des Gentilnamens
vorbringt: 25 ff. multa Dircaeum levat aura cycnum, tendit, Antoni,
quotiens in altos nubium tractus, um dann sogleich wie dem Schwan
die Biene so dem pindarischen Schwung des vornehmen Börners
seinen, des Horaz, bescheidenen und mühseligen Flug entgegen-
zustellen. Die "Einbettung5 des Namens in diesen Satz ist so fest
wie nur möglich, ihr Bedeutungswert aber noch höher als an der
früheren Stelle, da sie in der Mitte des Gedichts stattfindet, wo an
sich gar kein Anlaß zur Nennung des Namens vorlag, es sei denn
das von uns gekennzeichnete Bestreben ihn in der Durchdringung
mit dem Gedankengehalt der Umgebung funktional lebendig wer-
den zu lassen. Nach dieser zweifachen Vorbereitung kann kein
Leser, wenigstens kein Leser von der Art, auf die Horaz Anspruch
macht, das unmittelbar folgende concines und maiore plectro anders
als von dem an Pindar geschulten Gesang und der Würde des
pindarischen Instruments verstehen.
So konnten wir in dem entscheidenden Abschnitt der Inter-
pretation den Spuren von Wilamowitz folgen. Wenn er selbst
trotz einer so glücklichen Wegrichtung schließlich doch das Ziel
verfehlt und infolgedessen anderen Interpreten die Lust ihm nach-
zugehen benommen hat, so liegt das wohl an dem Mißverstehen
einzelner Wendungen und vor allem an der Art wie er den von ihm
erschlossenen Hintergrund ausmalt. Da hören wir von "dem vor-
nehmen Dichterling aus der Hofgesellschaft, der vielleicht eitel
genug war die Gomplimente ernsthaft zu nehmen5, von "einem hoch-
näsigen Dummkopf’, den"mit Schmeichelei zu verhöhnen dem Horaz
gut steht5 und was dergleichen Töne mehr sind. Außer spontanen
Impulsen war an einer solchen Verzeichnung auch die ältere Exegese
des schwierigen Gedichts noch stark beteiligt. Das "Compliment5
wie der "Hohn5 stammt aus Kiesslings Anmerkung1, wo diese Deu-
tung des überlieferten Wortlauts dazu dienen sollte die Notwendig-
keit der Lachmann sehen Conjectur zu erweisen. Wilamowitz
nahm für Horaz einfach wieder die von Iviessling als unmöglich
bezeichnete Position in Anspruch; die Einheit des Gedichts hatte
er gerettet, aber um den Preis einer Ungeheuerlichkeit auf dem
Gebiete der Sitte und des guten Geschmacks. So sahen sich denn
1 Vgl. oben S. 10 Anm. 2.
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zugetraut oder zugeschoben werden kann. Bestätigt wird die Zu-
sammengehörigkeit von lyrischer Dichtung im ζήλος πινδαρικός und
dichterischen Bestrebungen des Julius Antonius durch die Stelle,
an der Horaz die Anrede nochmals mit Hilfe des Gentilnamens
vorbringt: 25 ff. multa Dircaeum levat aura cycnum, tendit, Antoni,
quotiens in altos nubium tractus, um dann sogleich wie dem Schwan
die Biene so dem pindarischen Schwung des vornehmen Börners
seinen, des Horaz, bescheidenen und mühseligen Flug entgegen-
zustellen. Die "Einbettung5 des Namens in diesen Satz ist so fest
wie nur möglich, ihr Bedeutungswert aber noch höher als an der
früheren Stelle, da sie in der Mitte des Gedichts stattfindet, wo an
sich gar kein Anlaß zur Nennung des Namens vorlag, es sei denn
das von uns gekennzeichnete Bestreben ihn in der Durchdringung
mit dem Gedankengehalt der Umgebung funktional lebendig wer-
den zu lassen. Nach dieser zweifachen Vorbereitung kann kein
Leser, wenigstens kein Leser von der Art, auf die Horaz Anspruch
macht, das unmittelbar folgende concines und maiore plectro anders
als von dem an Pindar geschulten Gesang und der Würde des
pindarischen Instruments verstehen.
So konnten wir in dem entscheidenden Abschnitt der Inter-
pretation den Spuren von Wilamowitz folgen. Wenn er selbst
trotz einer so glücklichen Wegrichtung schließlich doch das Ziel
verfehlt und infolgedessen anderen Interpreten die Lust ihm nach-
zugehen benommen hat, so liegt das wohl an dem Mißverstehen
einzelner Wendungen und vor allem an der Art wie er den von ihm
erschlossenen Hintergrund ausmalt. Da hören wir von "dem vor-
nehmen Dichterling aus der Hofgesellschaft, der vielleicht eitel
genug war die Gomplimente ernsthaft zu nehmen5, von "einem hoch-
näsigen Dummkopf’, den"mit Schmeichelei zu verhöhnen dem Horaz
gut steht5 und was dergleichen Töne mehr sind. Außer spontanen
Impulsen war an einer solchen Verzeichnung auch die ältere Exegese
des schwierigen Gedichts noch stark beteiligt. Das "Compliment5
wie der "Hohn5 stammt aus Kiesslings Anmerkung1, wo diese Deu-
tung des überlieferten Wortlauts dazu dienen sollte die Notwendig-
keit der Lachmann sehen Conjectur zu erweisen. Wilamowitz
nahm für Horaz einfach wieder die von Iviessling als unmöglich
bezeichnete Position in Anspruch; die Einheit des Gedichts hatte
er gerettet, aber um den Preis einer Ungeheuerlichkeit auf dem
Gebiete der Sitte und des guten Geschmacks. So sahen sich denn
1 Vgl. oben S. 10 Anm. 2.