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Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0020
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■2.0

Eduard Fraenkel:

forderung1 wie eine Verheißung2, darf nicht in ein Befähigungs-
Zeugnis umgedeutet werden. Vor allem gilt es aber zu verstehen,
daß hier von Pindar wie von Julius her Horaz seinen Weg zu dem
nimmt, was ihm jetzt am meisten am Herzen liegt, dem Aus-
sprechen seiner Haltung als Dichter und als Bürger. Das Übrige
ist nicht Folie, aber es ist auch nicht das τέλος des Gedichts.
Schon seit langem hatte sich dem Horaz3 das Schutz- und
Beschwichtigungsmittel bewährt eine Aufgabe, deren Übernahme
er für seine Person ablehnen muß, ausdrücklich dadurch in ihrem
Werte anzuerkennen daß er sie einem von ihm geschätzten Manne
zuschiebt. Zugleich kommt darin zum Ausdruck daß der eigent-
liche Lehensraum auch seiner Lyrik nicht die Einsamkeit des mit
sich selbst Zwiesprache haltenden Dichters ist, sondern eine vor-
ausgesetzte oder in der Dichtung zu gründende Gemeinschaft teil-
nehmender Genossen. Einer aus diesem Kreise wird geehrt, indem
ihm zur Aufgabe gemacht wird, worauf der Dichter verzichten muß;
aber auch andere, denen an der Erfüllung jener Aufgabe besonders
gelegen ist, sollen mit dem doch immer unerwünschten Nein durch
die Aussicht auf anderweitiges Gelingen einigermaßen ausgesöhnt
werden. Die beiden Gedichte, auf die hiermit hingedeutet ist, das
Lied an Maecenas II 12 und das an Agrippa I 6, zeigen in Einzel-
motiven wie in der Anlage des Ganzen unverkennbare Berührungen
mit der Pindarode, so wenig sie auch die Monumentalität, die Er-
fülltheit und die künstlerische und menschliche Reife des späten
Gedichts erreichen. Die zweimalige auf Horaz zulaufende Bewe-
gung von IV 2 vollzieht sich, schematisch bezeichnet, so: I a) Wer
es Pindar gleichtun will, unternimmt den Flug in die Lüfte . . .
multa Dircaeum levat aura cycnum ... b) ego . . . operosa parvus
carmina fingo II a) concines maiore poeta plectro Caesarem . . .
b) tum meae . . . vocis a.ccedet bona pars*. Dem entsprechend ver-
1 Vgl. im besonderen für Horaz Ed. Fraenkel, Beilage z. Heft 4 der
Monatsschrift f. höhere Schulen, Berlin 1930 (fD. 1. Brief des Horaz’), S. 16
Anm. 1.
2 Die zeitliche Funktion wird hier nachträglich durch das Hinzutreten
von quandoque eqs. intensiviert.
3 Er teilt diese Gepflogenheit mit anderen augusteischen Dichtern, vgl.
Heinzes Einleitung zu carm. I 6.
4 Diese Gegenüberstellung klingt dann aus in die pointierte Antithese
der beiden Opfer (te decem tauri . . me teuer solvet vitulus). Es hätte nicht
bestritten werden sollen, daß die zwei Schlußstrophen unbeschadet der Be-
deutung ihres Sachgehaltes auch einen symbolischen Sinn haben, zumal die
sieben dem Kälbchen gegönnten Verse ein erlesenes Muster sind des operosa
carmina fingere·, auch dies ist ja längst erkannt.
 
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