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Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0021
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Das Pindargedicht des Horaz.

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läuft die Hauptlinie von I 6: I a) Varius wird ein Epos auf deine
Kriegstaten dichten b) nos, Agrippa, neque haec dicere (noch Ilias
noch Odyssee noch das Tantalidenschicksal) conamur tenues grandia1
II a) quis Martern tunica tectum adamantina digne scripserit2 aut
. . . Merionen aut . . . Tydiden? h) nos convivia, nos proelia vir-
ginum . . . cantamus. Und in II 12 sieht das Schema des Gedanken-
gangs so aus: I3 a) Epische Stoffe, sei es aus der römischen Ge-
schichte, sei es aus der griechischen Sage4, b) passen nicht zu den
molles citharae modi II a) tuque pedestribus dices historiis
proelia Caesaris ... b) me dulcis dominae Musa Licymniae cantus,
me voluit dicere lucidum fulgentis oculos eqs. Die Anlage von II 12
steht derjenigen von IV 2 besonders nahe, denn auch hier wird
von der allgemeinen Norm ausgegangen und erst in dem zweiten
Gegensatzpaar wird die dem Dichter nahegelegte Aufgabe, proelia
Caesaris, überhaupt berührt (vgl. 4, 2, 34), während Scriberis Vario
sogleich damit beginnt. Auch die Entsprechungen im einzelnen
1 Auch der hieran gehängte Nebensatz V. 9ff. (dum pudor eqs.) inten-
siviert noch einmal die Gegenüberstellung, indem er nicht nur die in der
Person des Dichters liegenden Hindernisse [pudor, culpa ingeni) hervorhebt,
sondern die im objektiven Bereich begründete Unvereinbarkeit der imbellis
lyrae Musa mit den laudes egregii Caesaris.
2 Da hier über das Dichten eines homerisierenden Epos gesagt wird
quis digne scripserit, während es zu Anfang hieß scriberis Vario . . . Maeonii
carminis alite, so könnte man mit genau so gutem Rechte behaupten,
Varius würde hier verhöhnt, wie man das von Julius behauptet hat. In Wahr-
heit kommt es auch hier dem Horaz nicht auf ein Urteil über die Chancen
des homerisierenden Gedichts an, das er allerdings für ein großes Wagnis
hält, sondern auf die am Ende stehende positive Aussage über seine eigene
Lyrik: nos convivia . . . cantamus (in der Hauptsache richtig schon Heinze
zu V. 13).
3 Hier ist innerhalb der ersten Strophe a) und b) in einen einzigen Satz
zusammengezogen.
4 Die gedankliche Struktur hebt Heinzes Einleitung ganz richtig heraus:
'ernstlich kannst du das [lyrische Verherrlichung von Octavians Sieg] so
wenig verlangen wie du die furchtbaren Kriege der alten Zeiten Roms
oder die Heroen- und Götterkämpfe der Sage zu besingen der zarten Leier
zumuten würdest’. Es liegt wirklich eine Unterordnung vor: altrömischer und
griechisch-mythischer Sagenstoff dienen nur zum Vergleich für das, worauf
es hier allein ankommt, die proelia Caesaris. Aber der Form nach wird alles
parataktisch auf eine Stufe gestellt. Horaz hat hier (und mehrfach sonst) die
'copulierte Vergleichung’ (Wilamowitz zu Eurip. Herakles V. 101 f.) der alten
Lyrik nachgebildet. Genau so an der auch im übrigen parallelen Stelle 1, 6,
δ ff. neque haec dicere nec grauem Pelidae stomachum . . . nec cursus . . . Ulixei
eqs., wo Heinze die parataktische Form, ohne auf ihre Herkunft einzugehen,
gut erläutert.
 
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