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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0007
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Platonismus und Mystik im Altertum.

3

von der Logik für die Methode geleistet war, das erntete1 der
Timaios sachlich für die neue Form der Erkenntnis, die Platon als
Greis hier der Physik im Kampf gegen den ahderitischen Materia-
lismus erschloß und in kritisch unterbauter Mythopoiie zur Dar-
stellung brachte. Was aber nach Platons Tode von den vier
Phasen dieses evolutionär und revolutionär durch die großen
Problemgebiete hindurch gebahnten Weges sich geistig auf seine
Nachfolger vererbte, war wenig mehr als einerseits der pythago-
reische Charakter seiner letzten Phase und anderseits die bloße
Zahl und Einfächerung der auf Platons Wege zutage getretenen
philosophischen Forschungsbereiche; d. h. der Platonismus verlor
gerade im Lehrbetrieb der ‘Schule’ den Charakter gegliederter
Ganzheit einer höchsten Wissenschaftskunst2 und nahm die Form
einer Disposition für philosophische Einzelarbeit an, erstarrte dem-
zufolge bald zum äußerlichen Umriß eines quaternarischen oder
(durch Vereinung von Ethik und Politik) ternarischen Lehrge-
bäudes.
So kam es, daß es mit dem Bilde Platons in der Geschichte um-
gekehrt bestellt war als mit dem Bilde des Sokrates. Solange
abendländische Tradition dauert, können philosophische Menschen
sich Sokrates leibhaftig vorstellen, wie er persönlich durchs Leben
ging, wie er als Bürger und Soldat, als Freund und als Lehrer, im
Hause und auf dem Markt handelte und wirkte; ja sie können bei
ihm, der nichts Schriftliches oder Doktrinales hinterlassen hat,
in jeder einzelnen ihrer eigenen Lebenssituationen anfragen,
ob ihr Handeln im Einklang mit ihm stehe; so wie mit Becht gesagt
worden ist, daß religiöse Menschen Jesus Christus allgegenwärtig
haben können3. Hingegen Platon, von dem wir seine sämtlichen
Dialoge und einige Briefe, dazu Gedichte, Beden und Gebete
haben, ist personell kaum gegenwärtig zu machen. Und das liegt
nicht nur daran, daß es interpretatorisch schwierig ist festzustellen,
wo Platon in seinen Schriften ganz in eigenem Namen spricht;
1 Hier ist zu verweisen auf das alte schöne Buch von J. B. Lichten-
städt, Platons Lehren auf dem Gebiete der Naturforschung und der Heil-
kunde, Leipzig 1826. Der Wert dieser lehrreichen Darstellung bleibt bestehen,
obwohl die neuere Quellenforschung andere Wege gehen muß. C. Ritter,
Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft, Sitzungsber.
Heidelb. Akad., philos.-histor. Kl. 1919 Nr. 19 gibt das Material.
2 Phaedr. 266b; 273d. Phileb. 16c; Resp. 531 ff.
3 Paul Hensel, Religionsphilosophie, aus dem Nachlaß herausg.
v. F. Sauer, Göttingen 1934, S. 50.
1*
 
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