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Winkler, Emil; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 1. Abhandlung): Zur Geschichte des Begriffs "Comédie" in Frankreich — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41993#0014
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Emil Winkler:

Johannes Januensis1: „Et differunt tragoedia et comoedia, quia
comoedia privatorum hominum continet facta, tragoedia regum et
magnatum. Item comoedia humili stilo describitur, tragoedia alto.
Item comoedia a tristibus incipit, sed cum laetis desinit, tragoedia e
contrario“. Die Komödie hat also zum Gegenstände die Alltags-
schicksale der Niedriggestellten und Privatleute, die Tragödie die
Schicksale der Könige, Helden und Fürsten. Die Komödie bedient
sich des niederen, die Tragödie des erhabenen Stils. Die Komödie
beginnt traurig und endet heiter, die Tragödie umgekehrt. Ob
solche gelehite Theorien sich immer auf dramatische Dichtung be-
ziehen, ist nicht ausgemacht; immerhin gibt es keine andere
dramatische Theorie aus jener Zeit.
Nirgends ist in allen diesen Definitionen davon die Rede, daß
die Komödie etwa Lachen erregen solle. Es ist also ersichtlich der
Geist der Komödie desTerenz, nicht der des Plautus, der, wenn auch
vergröbert und ungewußt, hier nachwirkt. Zwar setzen Glossare
comicus (comoedicus, comoedice) gleich delectabilis, delectabiliter,
facetus2, auch werden der Komödie z. B. von Isidor die res laetae
zugewiesen, der Tragödie die res tristes: tragicorum argumenta ex
rebus luctuosis sunt, comicorum ex rebus laetis3. Gemeint aber ist
damit wesentlich der glückliche Verlauf des Geschehens. Auf ihn,
auf das gute Ende, wird immer wieder hingewiesen, wie bei der Tra-
gödie auf den guten Anfang und den traurigen Ausklang.
Noch Dante sagt in dem (ihm zugeschriebenen) Briefe an Cangrande,
man pflege beim Gruße einen tragischen Anfang und einen komi-
schen Schluß zu wünschen, was einen guten Beginn und ein glück-
liches Ende bedeute4.
Dagegen taucht in den erörterten Definitionen öfters ein Ge-
danke auf, der Aufmerksamkeit erregt: der Gedanke des Verhältnisses
der Komödie zum Leben. Einerseits die Beziehung auf den Alltag.
Noch am Ende des 14. Jahrhunderts schreibt Evrart von Conty in
der Bearbeitung der Problemata des Aristoteles : ,,L'autre moniere
de escrire les fais humains est appellee commedie, pour ce qu’eile traite
des fais et des choseS communes du monde5“. „Die andere Art, die
menschlichen Angelegenheiten zu beschreiben, heißt Comedie, weil
1 Cloetta, S. 28.
2 Cloetta, S.141.
3 Cloetta, S. 28, Fußnote 2.
4 Cloetta, S. 31.
5 Godefroy, s. v. comedie.
 
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