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Winkler, Emil; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 1. Abhandlung): Zur Geschichte des Begriffs "Comédie" in Frankreich — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41993#0031
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Zur Geschichte des Begriffs „Comedie“ in Frankreich.

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Personen leuchtet durch seine Definition durch: ce qrion entend par
le mot de Comedie, riest autre chose que la representation d'une avan-
ture agreable et gaye, entre des personnes communes . . Conti, der
neubekehrte Sittenrichter, tadelt die Unanständigkeit besonders
der älteren Komödie, spricht1 von farces frariQoises: les farces fran-
coises sont-elles pleines d'autres choses (als von Unzüchtigkeiten) ?
Es ist die Posse, die sich in Contis Vorstellung meldet.
Aber schon beweist Racine in der Vorrede zu seinen Plaideurs
(1668/69), wie sehr die andere Auffassung vom Wesen einer Ko-
mödie vorherrschte. Ohne Wissen um diesen eigentlichen Wert-
akzent des Begriffes ist die wichtigste Stelle jener Vorrede kaum
verständlich. Racine hatte sein ausgelassenes Stück für das Possen-
theater der Italiener bestimmt, comme u?ie chose qui leur appar-
tenoit de plein droit. Da durchkreuzte der Weggang des Schau-
spielers Tiberio Fiurilli seine Absicht2. Racines Freunde aber er-
munterten ihn, den geplanten echantillon d'Aristophane dennoch auf
das Theater zu bringen. «Je ne me rendis pas (berichtet Racine
in der genannten Vorrede) ä la premiere proposition qriils rrien
firent. Je leur dis que quelque esprit que je trouvasse dans cet Auteur1
mon inclination ne me porteroit pas ä le prendre pour modele, si
favois ä faire une Comedie: et que f aimerois heaucoup mieux imiter
la regularite de Menandre et de Terence que la liberte de Plante et
d:Aristophane. On me repondit que ce riestoit pas une Comedie
qri on me demandoit, et qrion vouloit seulement voir si les bons
mots d’’Aristophane auroient quelque gräce dans nostre langue. Ainsi
moitie en tri encourageant, moitie en mettant eux-memes la main ä
Voeuvre, mes amis me jirent commencer une piece qui ne tarda, guere
d estre achevee3. Die Nachahmung einer Komödie des Aristo-
phanes mit ihrer liberte war also im Sinne von Racines Freunden,
wir dürfen wohl sagen: im Sinne der Zeit nicht ohne weiteres eine
Comedie, wenngleich Racine das Stück dann immerhin so nennt.
Wir kommen auf unsern ersten Eindruck zurück. Die innere
Spannung im Begriffe Comedie ist gewiß keine blo-ß terminologische,
keine bloß papieren-literarische gewesen. Hier wirkten ersichtlich
stärkere Kräfte. Auf der einen Seite der Drang zum befreienden,
sei es derb-zotenhaften Lachen — auf der andern Seite der künst-
1 Conti, a. a. O., S. 12.
2 Siehe Jean Racine, Ausgabe Gonzague Truc (Les textes frangais),
Band Theätre de 1668 ä 1670, S. 253/54.
3 Racine, a. a. O., S. 3/4.
 
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