Metadaten

Honecker, Martin; Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 2. Abhandlung): Nikolaus von Cues und die griechische Sprache — Heidelberg, 1938

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41994#0071
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gusanus-Studien: II. Nikolaus von Cues und die griechische Sprache. 63
Ferner hat er Gelegenheit gehabt, den Timaios-Kommen-
tar des Chalcidius zu benutzen. Das beweisen unzweifelhaft die
schon erwähnten Straßburger Exzerpte174. Von den zahlreichen
Stellen dieses Kommentars jedoch, welche die Heidelberger Aus-
gabe der Docta ignorantia und des Idiota in den Fußnoten anführt,
legt nur eine einzige die Annahme nahe, daß sie unmittelbar dem
kommentierenden Teil des Chalcidius-Werkes entstamme175. Die
anderen Stellen können auch bloß gedankliche Gemeinsamkeiten
oder Entlehnungen aus zweiter Hand darstellen. Das zuletzt Ge-
sagte gilt auch für inhaltliche Berührungen mit anderen Platon-
werken, die nicht unter den uns erhaltenen Büchern des Cusanus
vertreten sind, auch soweit solche Parallelen in den übrigen Cusanus-
schriften auftreten, die noch nicht so eingehend analysiert worden
sind wie die oben genannten Heidelberger Texte. Das betrifft die
Dialoge Alkibiades, Gharmides, Kratylos, Philebos, Protagoras, So-
phistes, Symposion, Theaitetos.
Mit dem Parmenides steht es anders. Bessarion berichtet,
Georgios Trapezuntios habe dem Cusaner eine Übersetzung
von Platons Parmenides angefertigt176, wobei jedoch unklar bleibt,
ob der Platontext allein oder auch der Kommentar des Proklos
gemeint ist. Diese Übersetzung ist aber im cusanischen Bücher-
bestand nicht mehr vorhanden. Dagegen ist der genannte Kom-
mentar des Proklos zugleich mit dem Parmenidestext in einer Über-
setzung des Wilhelm von Moerbeke im Cod. Cus. 186 unter den
Büchern des Cusanus zu finden; ferner von Proklos die Theologia

dem 2. Jahrh. n. Chr., dessen Verfasser einen Auszug des platonischen Timaios
aus dem 2.—1. vorchristlichen Jahrh. benutzt hat (vgl. R. Harder, Artikel
„Timaios 4“ bei P au ly-Wiss o w a , Realencyclopädie der klassischen Alter-
tumswissenschaften, hrsg. von W. Kroll und K. Mittelhaus, II. Reihe,
XI. Halbband, 1936, Sp. 1203—1226). Über den Übersetzer Gregorio Tifernate
Castellano s. neuerdings: Giul. Reichenbach, Artikel „Tifernate“ Enci-
clopedia Italiana XXXIII, 1937, S. 832 (mit weiterer Literatur).
174 Vansteenberghe 58 283.
175 Es ist eine Stelle in De docta ignorantia I 17 [h I 33, 18), an der Nico-
laus Gusanus auffallenderweise dem Chalcidius ein angebliches Zitat aus dem
Phaidon (hier Phedron genannt) entnimmt, das Platons Lehre vom exemplari-
schen Charakter der Idee gegenüber den vielen Einzeldingen betrifft. Viel-
leicht ist die Stelle Phaidon c. 50 (102 B) gemeint. Jedenfalls hätte Nikolaus
von Cues aus anderen platonischen Schriften bessere Belege geben können,
vorausgesetzt, daß ihm damals (1439/40) die entsprechenden Dialoge zur Ver-
fügung gestanden haben.
176 S. oben Anm. 160.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften