Metadaten

Creutz, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 3. Abhandlung): Medizinisch-physikalisches Denken bei Nikolaus von Cues: und die ihm als "Glossae cardinalis" irrig zugeschriebenen medizinischen Handschriften — Heidelberg, 1939

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41998#0012
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
12

Rudolf Greutz :

genoß er im Abendlande während des ganzen Mittelalters außer-
ordentliches Ansehen, vor allem durch sein Werk „Isagoge ad artem
parvam Galeni“, das später (seit 1479) wiederholt gedruckt wurde.
Die zweite Glosse hat das Werk Τέχνη ιατρική des berühmten
Galenos aus Pergamon zum Gegenstände, das im Mittelalter eine
der Grundlagen des medizinischen Unterrichts bildete, besonders
an den italienischen Universitäten, daher für Techne meist die
italienische Wortform ,,Tegni“.
Die fünfte Glosse behandelt die Aphorismen des ,,Vaters der
Ärzte“ Hippokrates von Kos (um 460—377 v. Chr.), eine Sammlung
von 400 Kernsprüchen in sieben Abteilungen, von denen nur die
ersten drei Abteilungen als echt und wertvoll gelten.
Das Verzeichnis der Cueser Handschriften von J. Marx setzt
den God. 222 in das 15. Jli. Demgegenüber betont Joseph Koch1
(Breslau) auf Grund wiederholter Prüfungen in Kues, daß alle
Merkmale der Schrift eindeutig auf das 14. Jh. weisen. Koch fügt
hinzu, daß Cod. 222 sehr wohl die Abschrift von Kollegheften eines
ehemaligen Schülers von Montpellier sein könne. Beiden Ansichten
Kochs schließe ich mich vollkommen an und werde für die zweite
Ansicht unten noch eine charakteristische Stelle aus Glosse 5 an-
führen.
Bei der nunmehr folgenden Nebeneinanderstellung von Glosse
1, 2, 5 des Cusanuskodex mit den übrigen Handschriften hat sowohl
für Glosse 1 wie für Glosse 2 der Erfurter Cod. Q 181 ausgezeichnete
Dienste geleistet, indem er eine so vollkommene textliche Über-
einstimmung erwies, daß man sie zahlenmäßig durchaus auf 99%
errechnen könnte. Die Vergleichung der Glosse 5 mit dem Erfurter
God. Q 178 war dagegen nicht tunlich, da der in ihm befindliche
Kommentar zu den Aphorismen des Hippokrates nicht dem Magi-
ster Cardinalis allein entstammt, weil der unbekannte Verfasser
des Traktates gleichzeitig noch Kommentare des Scholastikers
Taddeo Alderotti zu Bologna (um 1223—1303) und des eben-
falls in Montpellier wirkenden Bartolomeus de Brugis (Brügge)
durcheinander benutzt hat, der um 1356 gestorben ist. Da-
her wurde für Glosse 5 zunächst der schön geschriebene Cod.
Basileensis2 D I 16 (Saec. XIV) herangezogen, über dessen Ver-
hältnis zu dem Cod. Cusanus einiges voranzuschicken ist. Die
Baseler Handschrift stellt offenbar eine gute Wiedergabe der
1 Dankenswerte briefliche Mitteilung vom 25. 3. 1939.
2 ehemals Eigentum des Dominikaner-Klosters in Basel.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften