LXXI. Ein kurcze 1er vnd auflegung (n. 8—10).
103
alle Geschöpfe und alle Elemente, ob sie Gott sind oder ihr Sein
aus sich selber haben. Sie antworten: nein. Woher (habt ihr es)
denn ? Allein von dem allmächtigen Gott, der uns erschaffen hat“.
Der du bist in den Himmeln
9. In den Himmeln. Darin sind alle (irdischen) Wesen ein-
geschlossen, wie s'e ihr Sein von den vier Elementen haben.
So hat der Mensch seine vernunftbegabte Seele von Gott, der im
Himmel ist, und den Leib von der Erde und den Elementen. Der
Seele nach sind wir vor allen Geschöpfen Gott am nächsten. Des-
halb sollen wir ihn vor allen Geschöpfen erkennen, soviel es uns
hier möglich ist. Wenn nun auch Roß, Esel, Hund und alles andere
Vieh und Getier aus den vier Elementen gebildet sind, so wie der
Mensch seinem Leibe nach, so hat doch nur der Mensch eine ver-
nunftbegabte Seele. Also ist jedes Wesen seiner Eigenart nach von
Gott geordnet, jedoch entsprechend seiner Aufgabe und seinem
Wesen gemäß, wie wir das auch an unserem eigenen Leib bemer-
ken, an dem jegliches Glied seine Aufgabe hat, der es zugeordnet
ist. Also soll die Seele dem allmächtigen Gott dienen und ihn
lieben, und zwar durch die Erkenntniskräfte der Seele, sonst kann
(der Mensch) nichts vollbringen.
Das Auge sieht alle Farben: rot, weiß, schwarz. Die Ohren
sehen die Farbe nicht, ebenso hören die Augen nicht, was man
singt oder sagt. Aber die Vernunft innen in der Seele nimmt es
auf, bewahrt es und versteht, was dies oder das ist, auf welche
Art und Weise alle Dinge in ihrem Unterschied erkannt werden.
So wird das Böse am Guten, rot oder schwarz an weiß und der
Schöpfer an seiner Schöpfung erkannt.
Geheiligt werde dein Name
10. Durch ihre Namen werden alle Wesen erkannt, soweit das
in einem solchen Gleichnis möglich ist, (zum Beispiel) Peter und
Paul, und so eins um das andere. Aber im Namen des Vaters
14. Vgl. 1 Cor. 12, Uff.
19—25. Dieser Abschnitt leitet inhaltlich zur folgenden Bitte über. Das ergibt
sich besonders aus Z. 22f., wozu Sermo 18 n. 11, S. 34, 11 zu vergleichen ist:
Bij den namen haben wir vnderfcheidlich bekentenijs.
23. Vnd allfo wirt usw. Vgl. MEISTER ECKHART In Ioli. n. 75, Lat.
Werke III 63, 7ff. 27. Vgl. Sermo 18 n. 11, S. 34, Uff.
29. Vgl. a.a.O. n. 12, S. 38, 13ff.
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alle Geschöpfe und alle Elemente, ob sie Gott sind oder ihr Sein
aus sich selber haben. Sie antworten: nein. Woher (habt ihr es)
denn ? Allein von dem allmächtigen Gott, der uns erschaffen hat“.
Der du bist in den Himmeln
9. In den Himmeln. Darin sind alle (irdischen) Wesen ein-
geschlossen, wie s'e ihr Sein von den vier Elementen haben.
So hat der Mensch seine vernunftbegabte Seele von Gott, der im
Himmel ist, und den Leib von der Erde und den Elementen. Der
Seele nach sind wir vor allen Geschöpfen Gott am nächsten. Des-
halb sollen wir ihn vor allen Geschöpfen erkennen, soviel es uns
hier möglich ist. Wenn nun auch Roß, Esel, Hund und alles andere
Vieh und Getier aus den vier Elementen gebildet sind, so wie der
Mensch seinem Leibe nach, so hat doch nur der Mensch eine ver-
nunftbegabte Seele. Also ist jedes Wesen seiner Eigenart nach von
Gott geordnet, jedoch entsprechend seiner Aufgabe und seinem
Wesen gemäß, wie wir das auch an unserem eigenen Leib bemer-
ken, an dem jegliches Glied seine Aufgabe hat, der es zugeordnet
ist. Also soll die Seele dem allmächtigen Gott dienen und ihn
lieben, und zwar durch die Erkenntniskräfte der Seele, sonst kann
(der Mensch) nichts vollbringen.
Das Auge sieht alle Farben: rot, weiß, schwarz. Die Ohren
sehen die Farbe nicht, ebenso hören die Augen nicht, was man
singt oder sagt. Aber die Vernunft innen in der Seele nimmt es
auf, bewahrt es und versteht, was dies oder das ist, auf welche
Art und Weise alle Dinge in ihrem Unterschied erkannt werden.
So wird das Böse am Guten, rot oder schwarz an weiß und der
Schöpfer an seiner Schöpfung erkannt.
Geheiligt werde dein Name
10. Durch ihre Namen werden alle Wesen erkannt, soweit das
in einem solchen Gleichnis möglich ist, (zum Beispiel) Peter und
Paul, und so eins um das andere. Aber im Namen des Vaters
14. Vgl. 1 Cor. 12, Uff.
19—25. Dieser Abschnitt leitet inhaltlich zur folgenden Bitte über. Das ergibt
sich besonders aus Z. 22f., wozu Sermo 18 n. 11, S. 34, 11 zu vergleichen ist:
Bij den namen haben wir vnderfcheidlich bekentenijs.
23. Vnd allfo wirt usw. Vgl. MEISTER ECKHART In Ioli. n. 75, Lat.
Werke III 63, 7ff. 27. Vgl. Sermo 18 n. 11, S. 34, Uff.
29. Vgl. a.a.O. n. 12, S. 38, 13ff.