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J. Koch und H. Teske Cusanüs-Texte: I. Predigten, 6.
fey klain oder grozz. Wann got ift fo volkomen, das nichcz groffers
mag gefein. Es mag auch nichcz fo klain fein, es fey got mit feinem
wi 69 v gewallt dar jnn. Des nim || ein ebnpild: got hat einem feniff oder
magenkolbem folich kraft geben, das ir ains mit feiner kraft mocht
5 alle dife weit erfüllen. Wenn ains mag pringen tauf ent, vnd die
taufent aber yedcz taufent, daz ift taufent taufent, vnd wurd alfo
fo uil taufent ymer mer vnd mer, das fein die gancz wellt vol wurd.
Da pey verftet man die graß mächtikait gots vnd feinen heyligen
namen.
io 11. Wie fol er aber geheyligt werden? Nu ift er doch vor
beylig. Das ift alfo zuuerften: fein nam fol in vns geheyligt werden
mit lob vnd mit ern hie, das vns verlihen werd, das wir in ewiklei-
chen mit allen engellen vnd heyligen loben vnd eren vnd mit in
fröleich fprechen: ,,Heyliger, heyliger, heyliger her got fabahoth!
15 Vol fein hymel vnd erden deiner eren. Gelobt fey got in der hoch!“
Vnd alfo wirt der namen gocz in einem yeden frumen kriften men-
fchen hie auf erd geheiligt, der da tut vnd volpringt den willen gocz.
Zue kom vns dein reich
12. Dv folt nicht gedenkchen, das daz reich gotz zu dir körn.
20 Nain nicht alfo! Es ift, das die gnad des heyligen geifts zu dir
körn vnd dich weys vnd lerne, mit frid zu leben gegen got vnd
deinen nachften, das du alfo mit im veraint werdeft hie, das du
komft zu dem reich, da ewiger frid vnd ainigung ift. Wildu das
1—3. Vgl. De Doct. Jgn. I c. 4, S. 10, 4f. 12ff. Den ersten Satz findet
man bekanntlich bei ANSELM VON CANTERBURY Proslogion c. 2, PL
158, 227: credimus te <scilicet Deum) esse aliquid quo nihil maius cogitari
possit. Gleichwohl dürfte CUSANUS aus einer anderen Quelle geschöpft haben,
nämlich aus DIONYSIUS AREOPAGITA, der die Begriffe Groß und Klein
auf Gott anwendet; vgl. De div. nom. c. IX § 2 und 3, PG 3, 924f. In der
Übersetzung des AMBROSIUS TRAVERSARI, die CUSANUS gekannt und
benutzt hat, lauten die entscheidenden Sätze also (DIONYSIACA I 452ff.):
(§ 2) Magnus quidem appellatur Deus iuxta propriam ipsius magnitudinem,
quae magnis omnibus suimet consortium tradit, . . . omnem transcendens
numerum, omnem transiens infinitatem. ... (§ 3) . . . Ita igitur in Deo pusil-
lum accipiendum, ut quod in omnia et per omnia sine impedimento pergat et
operetur etc.
3. Vgl. Sermo 241 (V2 173ra; p 142v): semen vivum in se complicans
virtutem, nunquam in aeternum explicabilem, semper explicando generat
fructum in quo deliciatur, ac si semen unum, puta sinapis, suam virtutem con-
tinue exprimeret fructificando et expressio non foret nisi visio fecunditatis in
fructu etc.
J. Koch und H. Teske Cusanüs-Texte: I. Predigten, 6.
fey klain oder grozz. Wann got ift fo volkomen, das nichcz groffers
mag gefein. Es mag auch nichcz fo klain fein, es fey got mit feinem
wi 69 v gewallt dar jnn. Des nim || ein ebnpild: got hat einem feniff oder
magenkolbem folich kraft geben, das ir ains mit feiner kraft mocht
5 alle dife weit erfüllen. Wenn ains mag pringen tauf ent, vnd die
taufent aber yedcz taufent, daz ift taufent taufent, vnd wurd alfo
fo uil taufent ymer mer vnd mer, das fein die gancz wellt vol wurd.
Da pey verftet man die graß mächtikait gots vnd feinen heyligen
namen.
io 11. Wie fol er aber geheyligt werden? Nu ift er doch vor
beylig. Das ift alfo zuuerften: fein nam fol in vns geheyligt werden
mit lob vnd mit ern hie, das vns verlihen werd, das wir in ewiklei-
chen mit allen engellen vnd heyligen loben vnd eren vnd mit in
fröleich fprechen: ,,Heyliger, heyliger, heyliger her got fabahoth!
15 Vol fein hymel vnd erden deiner eren. Gelobt fey got in der hoch!“
Vnd alfo wirt der namen gocz in einem yeden frumen kriften men-
fchen hie auf erd geheiligt, der da tut vnd volpringt den willen gocz.
Zue kom vns dein reich
12. Dv folt nicht gedenkchen, das daz reich gotz zu dir körn.
20 Nain nicht alfo! Es ift, das die gnad des heyligen geifts zu dir
körn vnd dich weys vnd lerne, mit frid zu leben gegen got vnd
deinen nachften, das du alfo mit im veraint werdeft hie, das du
komft zu dem reich, da ewiger frid vnd ainigung ift. Wildu das
1—3. Vgl. De Doct. Jgn. I c. 4, S. 10, 4f. 12ff. Den ersten Satz findet
man bekanntlich bei ANSELM VON CANTERBURY Proslogion c. 2, PL
158, 227: credimus te <scilicet Deum) esse aliquid quo nihil maius cogitari
possit. Gleichwohl dürfte CUSANUS aus einer anderen Quelle geschöpft haben,
nämlich aus DIONYSIUS AREOPAGITA, der die Begriffe Groß und Klein
auf Gott anwendet; vgl. De div. nom. c. IX § 2 und 3, PG 3, 924f. In der
Übersetzung des AMBROSIUS TRAVERSARI, die CUSANUS gekannt und
benutzt hat, lauten die entscheidenden Sätze also (DIONYSIACA I 452ff.):
(§ 2) Magnus quidem appellatur Deus iuxta propriam ipsius magnitudinem,
quae magnis omnibus suimet consortium tradit, . . . omnem transcendens
numerum, omnem transiens infinitatem. ... (§ 3) . . . Ita igitur in Deo pusil-
lum accipiendum, ut quod in omnia et per omnia sine impedimento pergat et
operetur etc.
3. Vgl. Sermo 241 (V2 173ra; p 142v): semen vivum in se complicans
virtutem, nunquam in aeternum explicabilem, semper explicando generat
fructum in quo deliciatur, ac si semen unum, puta sinapis, suam virtutem con-
tinue exprimeret fructificando et expressio non foret nisi visio fecunditatis in
fructu etc.