Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
LXXI. Ein kurcze 1er vnd auflegung (n. 10—12).

105

erkennt man alle Wesen, sie seien klein oder groß. Denn Gott ist
so vollkommen, daß es nichts Größeres geben kann. Auch kann
nichts so klein sein, daß nicht Gott mit seiner Macht darin wäre.
Des nimm ein Gleichnis: Gott hat einem Senfkorn oder Mohn-
kolben eine solche Kraft gegeben, daß ein einziges derartiges Korn
mit seiner Kraft diese ganze Welt erfüllen könnte. Denn eins kann
tausend hervorbringen und jedes von diesen tausend wieder tau-
send, das sind tausend mal tausend, und es würden noch einmal
soviel tausend und so immer mehr, daß davon die ganze Welt
voll würde. Daran kann man die große Mächtigkeit Gottes und
seinen heiligen Namen erkennen.
11. Auf welche Weise aber soll er geheiligt werden? Er ist ja
doch schon vorher heilig. Das ist so zu verstehen: sein Name soll
in uns dadurch, daß wir ihn loben und ehren, hier auf Erden ge-
heiligt werden, damit uns verliehen werde, daß wir ihn in der
Ewigkeit mit allen Engeln und Heiligen loben und ehren und mit
ihnen freudig sprechen: „Heilig, heilig, heilig, Herr Gott Sabaoth!
Himmel und Erde sind voll deiner Herrlichkeit! Gelobt sei Gott
in der Höhe!“ Also wird der Name Gottes hier auf Erden in einem
jeden frommen Christenmenschen geheiligt, der da tut und voll-
bringt den Willen Gottes.
Zu uns komme dein Reich
12. Du sollst nicht denken, das Reich Gottes komme zu dir.
Nein, nicht also! Vielmehr kommt die Gnade des heiligen Geistes
zu dir, unterweist und belehrt dich, in Frieden mit Gott und dei-
nem Nächsten zu leben, auf daß du mit ihm hier auf Erden ver-
einigt wirst und so zu dem Reich kommst, wo ewiger Friede und
10—17. Vgl. Sermo 18 n. 12 und 13, S. 38, 3jf. — Zu Nu ift er doch vor
heylig usw. vgl. AUGUSTINUS De sermone Domini in monte II c. 5 n. 19,
PL 34, 1277.
14. Das Sanctus der Messe: Sanctus, sanctus, sanctus Dominus Deus
Sabaoth. Pleni sunt caeli et terra gloria tua. Hosanna in excelsis.
19. Sermo 18 n. 17, S. 44, 4 ff., steht der entgegengesetzte Gedanke. Man
kann sich fragen, oh der Zuhörer, der die Predigt nachgeschrieben, den Gedanken-
8anS getreu wiedergibt. Wahrscheinlich hat CUSANUS die Erklärung der zweiten
Bitte damit begonnen, daß er darlegte, was das Reich ist [vgl. Sermo 17 n. 28;
18 n. 14). Davon findet sich hier nichts. Nur die im nächsten Satz betonte Not-
wendigkeit der Gnade des hl. Geistes (nicht einfach: der Gnade Gottes) läßt ver-
muten, daß CUSANUS das Reich in ähnlicher Weise wie früher erklärt hat.
— Inhaltlich entspricht n. 12 den nn. 16 (S. 42, 14—19) und 18 [S. 46, 9—15)
von Sermo 18.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften