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LXX1. Eia kureze 1er vnd auflegung (n.24—-26).

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Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben
unseren Schuldigem
24. Es ist unsere Schuld, und sie fällt auf uns, nicht auf Gott.
Soll uns unsere Schuld vergeben werden, durch wen soll das ge-
schehen ? Nur durch Jesus Christus und die heilige christliche
Kirche wird uns alle unsere Schuld vergeben, wie groß, wie schwer,
wie lang anhaltend sie sei. Und hätte ein Mensch, wenn das möglich
wäre, aller Menschen Sünden getan, dann wäre die gesamte Schuld
dennoch als ganz klein einzuschätzen im Vergleich zu der Barmherzig-
keit Gottes und zum Gnadenschatz der heiligen christlichen Kirche.
Daran soll der Mensch nicht zweifeln. Und könnte der Teufel, der
der Ursprung aller Sünden ist, Reue haben, so könnten ihm seine
Sünden vergeben werden; so groß ist die Barmherzigkeit Gottes.
Aber wegen seiner Hoffart kann er keine Reue haben, wegen seiner
eigenen Bosheit.
25. Was ist die Schuld ? Du kehrst dich freiwillig von Gott
ab und wendest ihm den Rücken und stellst dich wider die Liebe
zum Nächsten, der da ein Kind Gottes ist, und erzürnst Gott in
seinen Kindern. Willst du deinem Nächsten um Gottes willen nicht
vergeben, so wird dir auch nicht von Gott vergeben werden, wenn
du betest, daß dir deine Sünden vergeben werden, wie du deinen
Schuldigem vergibst. Was du deinem Nächsten antun willst, das
soll auch dir geschehen, und nichts anderes. Darum vergib, so wird
dir auch vergeben!
26. Du willst, daß dir Gott vergebe. Weil du nun ein Christen-
mensch und getauft bist und ein Kind Gottes heißt, so tu, wie
dich dein Vater gelehrt hat: vergib deinem Bruder, der auch ein
Kind und Sohn Gottes ist, seine kleine Schuld. Du hast dich
schuldig gemacht gegenüber Gott dem Allmächtigen, deinem Vater,
das ist gar große Schuld. Soll sie dir vergeben werden, so vergib
deinem Bruder das Geringe, das er nur wider dich begangen hat,
seinen Bruder. Die geistlichen Rechtsbücher zeigen uns, wie groß
während die Kränkung des Bruders viel seltener erwähnt wird. Vgl. H. J-
SCHMITZ Die Bußbücher und die Bußdisciplin der Kirche, 1883, S. 635
(Poenitentiale Cummeani c. 8 n. 3): Fratrem cum furore maledicens, cui maledi-
xerit placet et VII dies peniteat remotus cum pane et aqua. Ebenso S. 683
ein Pariser Bußbuch. — S. 815 (Poenitentiale Mediolanense): Qui parentibus
maledixerit, quadraginta dies penitens sit in pane et aqua. Qui parentes in-
iuriis affecerit, tres annos. Qui percusserit annos septem. Vgl. auch BUR-
CHARDUS WORMA TIENSIS Decret. X c. 60; XIX c. 5. 94, PL 140, 852.
962. 1003.
 
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