10
Friedrich Panzer:
körperlich Trennende oder auf die Tatsache, daß sein Mannessein
nicht aus der Liebe allein sich nähren kann, zu verletzen. Man
sieht nur, daß der Dichter hier wie überall aus tiefem Sicheinleben
in jeden wechselnden Augenblick des Erzählten gestaltet.
Mit der Frage freilich, wo sich der Dichter denn diese Mohren-
länder Zazamanc und Azagouc gedacht habe, könnte man ihn füg-
lich in Verlegenheit bringen. Da der Held zu Schiff aus Ägypten
auf dem Heimweg sich befindet, so müßte man umso eher an Nord-
afrika denken, als 15. 17 Marroch unter den Heidenländern genannt
wird, in denen er militärisch tätig war. Nur gibt es dort leider
keine Mohren. Er hat da eben, durch seine Vorliebe für das Unge-
wöhnliche getrieben, auch wohl durch französische Dichtung, etwa
schon die Bataille d’Aliscans, angeregt, in der die Heiden auch als
la noire gent erscheinen, die Sarazenen in der extremsten Erschei-
nung genommen, in der sie den Kreuzfahrern in Syrien begegneten.
Die haben schon 1099 in der Schlacht bei Ascalon unliebsame
Bekanntschaft mit den schwarzen Azopart gemacht, die durch ihre
eisernen Geißeln und den furchtbaren Lärm, den sie machten, Ent-
setzen erregten. Auch im 3. Kreuzzuge traten unter den ägypti-
schen Hilfstruppen im Heere Saladins Mohren den Europäern ent-
gegen. Die Geschichtsschreiber sprechen mit lebhafter Abneigung
von ihrer körperlichen Erscheinung; viri horridi et teterrimi nennt
sie Albert von Aachen VI. 46, als gens larvalis nimis, vehemens et
pertinax, natura deformis, sicut et aliis erat dissimilis animis, nigro
colore, enormi Statura, feritate immanes, als populi meridionalis solis
adustione deformes werden sie im Itinerarium Peregrinorum (S. 83
und 86 der Ausgabe von W. Stubbs, Chronicles and Memorials of
the Beign of Richard I., London 1864) geschildert.
Seiner Dichtung den schönen Überfluß zu sichern, der den
Roman zum Weltbilde macht, hat Wolfram nun weiter der jugend-
lichen Belakane eine Vergangenheit gegeben. Ehe sie Gahmuret
begegnete, hatte der Mohrenkönig Isen hart sich um ihre Minne
beworben. Sie erwiderte seine Neigung, wünschte ihn aber weiter
zu versuochen, ob er künde sin ein vriunt. Um ihretwillen gab er
seinen harnas hinweg: mange äventiure suohte er blöz. Als er einst,
nur mit Speer und Schild ausgerüstet, gegen Prothizilas, einen
Fürsten aus Belakanens Gefolge, tjostierte, drang ihm dessen Speer
durch Schild und Leib. Seine Verwandten überziehen Belakanen
darauf mit Krieg, und sie beklagt selbst reuevoll seinen Tod.
Die Geschichte begründet zugleich gut die äußere und seelische
Friedrich Panzer:
körperlich Trennende oder auf die Tatsache, daß sein Mannessein
nicht aus der Liebe allein sich nähren kann, zu verletzen. Man
sieht nur, daß der Dichter hier wie überall aus tiefem Sicheinleben
in jeden wechselnden Augenblick des Erzählten gestaltet.
Mit der Frage freilich, wo sich der Dichter denn diese Mohren-
länder Zazamanc und Azagouc gedacht habe, könnte man ihn füg-
lich in Verlegenheit bringen. Da der Held zu Schiff aus Ägypten
auf dem Heimweg sich befindet, so müßte man umso eher an Nord-
afrika denken, als 15. 17 Marroch unter den Heidenländern genannt
wird, in denen er militärisch tätig war. Nur gibt es dort leider
keine Mohren. Er hat da eben, durch seine Vorliebe für das Unge-
wöhnliche getrieben, auch wohl durch französische Dichtung, etwa
schon die Bataille d’Aliscans, angeregt, in der die Heiden auch als
la noire gent erscheinen, die Sarazenen in der extremsten Erschei-
nung genommen, in der sie den Kreuzfahrern in Syrien begegneten.
Die haben schon 1099 in der Schlacht bei Ascalon unliebsame
Bekanntschaft mit den schwarzen Azopart gemacht, die durch ihre
eisernen Geißeln und den furchtbaren Lärm, den sie machten, Ent-
setzen erregten. Auch im 3. Kreuzzuge traten unter den ägypti-
schen Hilfstruppen im Heere Saladins Mohren den Europäern ent-
gegen. Die Geschichtsschreiber sprechen mit lebhafter Abneigung
von ihrer körperlichen Erscheinung; viri horridi et teterrimi nennt
sie Albert von Aachen VI. 46, als gens larvalis nimis, vehemens et
pertinax, natura deformis, sicut et aliis erat dissimilis animis, nigro
colore, enormi Statura, feritate immanes, als populi meridionalis solis
adustione deformes werden sie im Itinerarium Peregrinorum (S. 83
und 86 der Ausgabe von W. Stubbs, Chronicles and Memorials of
the Beign of Richard I., London 1864) geschildert.
Seiner Dichtung den schönen Überfluß zu sichern, der den
Roman zum Weltbilde macht, hat Wolfram nun weiter der jugend-
lichen Belakane eine Vergangenheit gegeben. Ehe sie Gahmuret
begegnete, hatte der Mohrenkönig Isen hart sich um ihre Minne
beworben. Sie erwiderte seine Neigung, wünschte ihn aber weiter
zu versuochen, ob er künde sin ein vriunt. Um ihretwillen gab er
seinen harnas hinweg: mange äventiure suohte er blöz. Als er einst,
nur mit Speer und Schild ausgerüstet, gegen Prothizilas, einen
Fürsten aus Belakanens Gefolge, tjostierte, drang ihm dessen Speer
durch Schild und Leib. Seine Verwandten überziehen Belakanen
darauf mit Krieg, und sie beklagt selbst reuevoll seinen Tod.
Die Geschichte begründet zugleich gut die äußere und seelische