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Honecker, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 2. Abhandlung): Der Name des Nikolaus von Cues in zeitgenössischer Etymologie: zugleich ein Beitrag zum Problem der Onomastika — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42018#0021
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Der Name des Nikolaus von Cues

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B. Die griechische Tradition ist schnell besprochen. Schon
Wutz hatte festgestellt, daß die Onomastika bei den griechischen
(wie auch bei den lateinischen) Schriftstellern so gut wie völlig
vernachlässigt worden sind; man schöpfte sein etymologisches
Wissen aus gelegentlichen Bemerkungen im kommentierenden
Schrifttum69. Das ist leicht verständlich; denn es mußten gerade
die sprachlich ungerechtfertigten Ableitungen griechischer Namen
aus dem Hebräischen, die an der tatsächlichen griechischen Wort-
abstammung weit vorbeigingen, den griechischen Schriftstellern ein
solches onomastisches Material im ganzen als verdächtig und un-
brauchbar erscheinen lassen.
In der Tat hat die Durchsicht des gesamten Materials keine
einzige wörtliche Übernahme der Ableitungen für Νικόλαος und
Νικολαϊται ergeben. Es fanden sich lediglich zwei Anklänge an
den Sinn von άφροσύνη und von άρρωστεΐν.
BeiTheodoretvonCyrus (* um 393, f wahrscheinlich 458)
liest man in der Αιρετικής κακομυΟίας επιτομή, Buch Γ (Hereti-
carum fabularum compendium, B. III): 'Η Νικολαΐτών αίρεσις ού
μόνον έξ άνοιας, άλλα καί έξ άκολασίας συνέστη'0.
Andreas von Caesarea (VI. Jhd.) ferner schreibt in seinem
Apokalypsenkommentar in bezug auf die von Johannes genann-
ten Nikolaiten: Ού γάρ 'Μετά σου’ φησίν, άλλα 'Μετά εκείνων πόλε·
μήσω’, των νοσούν των άνίατα71. Die Nikolaiten galten ihm also
als unheilbar krank.
Keine der beiden Stellen zwingt zu der Annahme, daß die Er-
klärungen des Pseudo-Origen es mit άφροσύνη und άρρωστε iv
als unmittelbare Quelle anzusehen sind.
Mag nun diese Nichtbenutzung der fraglichen Namenerklä-
rungen mit der schon erwähnten allgemeinen Vernachlässigung der
Onomastika durch die Griechen Zusammenhängen -— die Tatsache,
daß es sich hier um den Namen Nikolaus handelte, spielte dabei
gewiß in besonderem Maße mit. Denn ganz abgesehen davon, daß
den Griechen die wirkliche Ableitung des Namens unbezweifelbar
klar war, sie hatten überdies zu einem Teile kaum eine Veran-
lassung, eine Nikolaus-Etymologie vorzubringen, und hatten zum
anderen Teile allen Grund, die verkehrte Ableitung des Pseudo-
Origenes mit ablehnendem Schweigen zu übergehen. Wie näm-
69 Wutz (I) S. XX, XXVII.
70 Kap. A: Περί Νικολαΐτών (PG 83, 401).
71 Kap. 3 (PG 106, 237).
 
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