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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 1. Abhandlung): Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris: XI,13 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42020#0030
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24 Otto Weinreich: Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris

den Auge1 oder der so beredten ,,schweigenden“ Kunst2, spielt nicht
mit kühnen Mythenvergleichen3, setzt den Künstler nicht einer
Gottheit gleich4 und steigert seinen Preis nicht zur Apotheose5.
Außer der sehr versteckten Andeutung, daß Paris im geistreich
witzigen wie im tragisch pathetischen Stil hervorragte, erfahren
wir nichts Konkretes über seine Bühnenwirksamkeit. Es scheint,
als habe Martial diese griechische Linie des Epigramms nicht ge-
kannt oder sie absichtlich ferngehalten, weil er sich bewußter in
der Tradition der Elogien auf Naevius—Plautus-—Cicero stehen
fühlte.
Streben nach Kürze allein kann der Grund nicht sein, denn
jene griechischen Epigramme sind auch nicht länger als das Paris-
epigramm. Folglich ist eher das Streben nach dem Allgemeinen,
dem Übergreifenden, anzuerkennen. Wie sich beim tragischen Tod
des Künstlers jede Anspielung auf Einzelnes verbot, so haftet der
auf die Glanzzeit seines Lebens zurückschauende Blick nicht am
Einzelnen seines Repertoires.
Die Knappheit der Diktion ist dem Stil eines Monumentes an-
gepaßt, und doch ohne Schwere. Dem Künstler wird kein feierlich-
ernstes Totenlied gesungen, sondern, wie es sinnvoll ist, ein fast
Catullisch schwebendes, beschwingtes kleines carmen, das Würde,
die dem nobile marmor ziemt, mit Anmut, die zum Menschen paßt,
harmonisch verbindet. Enthält doch das Gedicht auf den Tod
des großen Schauspielers selbst ein literarisch-beziehungsvolles Spie-
len mit einem 'klassischen’ graziösen Spiel, eben mit Catulls Nänie,
die halb θρήνος, halb παίγνιον war6. Und dargebracht wird die
letzte Huldigung dem Künstler von einem Künstler, dessen Größe
nicht zuletzt — im virtuosen Spiele liegt.
1 Vgl. no. 13. 2 Vgl. no. 12. 3 Vgl. no. 4.
4 Vgl. no. 13. 5 Vgl. no. 3, 5.
6 Vgl. die Würdigung durch G. Herrunger, Totenklage um Tiere (Tü-
binger Beitr. 8) 76ff., wo das „Parodische“ doch wohl etwas zu stark betont
wird.
 
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