E. Wahle:
Urnenfelderstufe ab betonen, darauf hingewiesen, daß der Wendel-
ring zwar germanischer Herkunft sei, mit ihm allein aber die ger-
manische Abstammung der Mehrener nicht bewiesen werden könne.
Das ist, vom Standpunkt derjenigen her gesehen, für die allein eine
formenkundliche Abfolge maßgebend sein kann, sicher richtig; wie
wenig zuverlässig aber die Formenkunde ist, sobald man die Be-
völkerungsgeschichte hinter ihr sucht, lehren die oben genannten
Schwierigkeiten der rheinischen Forschung. Wenn dort, wo nach
den Schriftquellen Germanen siedeln, eine Keramik erscheint, die
man ihrem Stammbaum nach als sicher nicht-germanisch glaubt
bezeichnen zu können, dann steht man doch deutlich vor einer
Unsicherheit der archäologischen Methode. Entweder stimmen die
Typenreihen nicht, oder sie verschleiern uns den tatsächlichen
bevölkerungsgeschichtlichen Vorgang.
Wenn Stampfuss, getragen von der durch die Schriftsteller
genährten Vorstellung eines schon ältereisenzeitlichen Überschrei-
tens des Niederrheines in breiter Front, die Mehrener für Germanen
hält, so bricht er mit einem der ersten Grundsätze der archäolo-
gisch begründeten Ethnographie, denn die Mehrener bestatten ihre
Toten, während man sie zur gleichen Zeit in den germanischen
Kerngebieten durchgehends verbrennt. Und auch Schulz trägt
Jceine Bedenken, dieses seine Toten bestattende Volk als germa-
nisch anzusprechen. „Das Auftreten dieser Skelettgräber scheint
mir überhaupt nicht notwendig an eine Neueinwanderung gebun-
den zu sein, sondern es dürfte als Einwirkung aus dem Hallstatt-
kreise zu erklären sein“1. Man muß wissen, welche Bedeutung
dem Bestattungsbrauch bei der gegenseitigen Abgrenzung der früh-
geschichtlichen Völker bisher zuerkannt worden ist, um zu ver-
stehen, welcher Wandel der Auffassung sich damit vollzieht. Für
Kossinna aber gab es innerhalb eines Volkes nicht nur eine ein-
heitliche Bestattungsform, sondern auch sonst keine Voraussetzun-
gen irgendwelcher gesellschaftlicher Gliederung. Und Schulz
rechnet jetzt mit der Möglichkeit, ältere und jüngere Bevölkerungs-
schicht in den Funden nebeneinander zu haben!
Aus dem Versagen der Typentafeln und der Erschütterung des
Vertrauens zu der Formenabfolge ergibt sich also ein neuer metho-
discher Gesichtspunkt, und es ist kein Zufall, daß er inmitten des
hier in Rede stehenden Raumes noch einen weiteren Fürsprecher
findet. Ich hätte, sagt G. v. Merhart, über den einem Fund aus
1 Schulz, a.a.O., 83 u. 137.
Urnenfelderstufe ab betonen, darauf hingewiesen, daß der Wendel-
ring zwar germanischer Herkunft sei, mit ihm allein aber die ger-
manische Abstammung der Mehrener nicht bewiesen werden könne.
Das ist, vom Standpunkt derjenigen her gesehen, für die allein eine
formenkundliche Abfolge maßgebend sein kann, sicher richtig; wie
wenig zuverlässig aber die Formenkunde ist, sobald man die Be-
völkerungsgeschichte hinter ihr sucht, lehren die oben genannten
Schwierigkeiten der rheinischen Forschung. Wenn dort, wo nach
den Schriftquellen Germanen siedeln, eine Keramik erscheint, die
man ihrem Stammbaum nach als sicher nicht-germanisch glaubt
bezeichnen zu können, dann steht man doch deutlich vor einer
Unsicherheit der archäologischen Methode. Entweder stimmen die
Typenreihen nicht, oder sie verschleiern uns den tatsächlichen
bevölkerungsgeschichtlichen Vorgang.
Wenn Stampfuss, getragen von der durch die Schriftsteller
genährten Vorstellung eines schon ältereisenzeitlichen Überschrei-
tens des Niederrheines in breiter Front, die Mehrener für Germanen
hält, so bricht er mit einem der ersten Grundsätze der archäolo-
gisch begründeten Ethnographie, denn die Mehrener bestatten ihre
Toten, während man sie zur gleichen Zeit in den germanischen
Kerngebieten durchgehends verbrennt. Und auch Schulz trägt
Jceine Bedenken, dieses seine Toten bestattende Volk als germa-
nisch anzusprechen. „Das Auftreten dieser Skelettgräber scheint
mir überhaupt nicht notwendig an eine Neueinwanderung gebun-
den zu sein, sondern es dürfte als Einwirkung aus dem Hallstatt-
kreise zu erklären sein“1. Man muß wissen, welche Bedeutung
dem Bestattungsbrauch bei der gegenseitigen Abgrenzung der früh-
geschichtlichen Völker bisher zuerkannt worden ist, um zu ver-
stehen, welcher Wandel der Auffassung sich damit vollzieht. Für
Kossinna aber gab es innerhalb eines Volkes nicht nur eine ein-
heitliche Bestattungsform, sondern auch sonst keine Voraussetzun-
gen irgendwelcher gesellschaftlicher Gliederung. Und Schulz
rechnet jetzt mit der Möglichkeit, ältere und jüngere Bevölkerungs-
schicht in den Funden nebeneinander zu haben!
Aus dem Versagen der Typentafeln und der Erschütterung des
Vertrauens zu der Formenabfolge ergibt sich also ein neuer metho-
discher Gesichtspunkt, und es ist kein Zufall, daß er inmitten des
hier in Rede stehenden Raumes noch einen weiteren Fürsprecher
findet. Ich hätte, sagt G. v. Merhart, über den einem Fund aus
1 Schulz, a.a.O., 83 u. 137.