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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0046
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46

E. Wahle:

Saale über Niederhessen und die Lippe entlang zum Rhein ver-
läuft, in der älteren Eisenzeit nach Süden hin vorgestoßen wird.
In Hessen ist, vielleicht nicht zufällig, dieser Stoß am schwächsten;
man sucht hier vergeblich nach einem größeren natürlichen Auf-
marschraum. Anders an der Saale und insbesondere im Westen,
wo es zu einer Flankenbewegung größeren Ausmaßes kommt. Ist
schon innerhalb des germanischen Ausgangsbereiches die mate-
rielle Gesittung nicht einheitlich, so nimmt die lokale Differen-
zierung in den südlich anschließenden Gebieten noch entsprechend
größeres Ausmaß an. Denn hier hat ja jeder Raum seine geschicht-
lich gewordenen Besonderheiten, mit denen er in den neuen Zu-
stand eingeht. So kommt es, daß sich an der Saale die eigenartige
Gruppe der Frauenbestattungen mit Ringgarnituren und ohne
keramische Beigabe entwickelt, im Westen der Mehrener Kreis mit
Frauen- und Männergräbern, mit Ringgarnituren anderer Art und
Gefäßbeigaben. Daneben begegnen noch andere Eigentümlich-
keiten von begrenzterem räumlichen Vorkommen, und was in dem
erst wenig erforschten Hessen weiter zu erwarten ist, deutet das
obengenannte Grabfeld von Großenritte an, ,,ein überraschend weit-
greifender Ausläufer mitteldeutscher Steinkistenkultur“1. Ander-
seits wird man doch auch wieder Wert darauf legen, das Gemein-
same der Erscheinungen zwischen Saale und Sauer zu betonen. So
wenig es hier im besonderen darauf ankommt, ein Mehrener Gefäß
oder Rauhtöpfe mit gewelltem Rand im östlichen Thüringen nach-
zuweisen2, so wichtig ist doch die Herausstellung dessen, was diese
ganze Zone gegenüber den Gebieten im Norden und Süden, dem
germanischen wie demjenigen der keltischen Hallstatt-Kultur eint.
Im größeren Rahmen gesehen ist dieses Fundgebiet eben eine
geschlossene Erscheinung. Es konnte als keltisch angesprochen
werden, denn infolge der keltischen Zugehörigkeit seiner Vor-
bewohner tangiert es noch unter den neuen Herren in vielem nach
dem keltischen Hallstatt hin. Man konnte ferner daran denken,
es für die Illyrer zu beanspruchen, denn infolge der illyrischen Über-
fremdung der spätbronzezeitlichen Protokelten durch die Erschei-
nung der Urnenfelderstufe ist in der materiellen Kultur des kelti-
schen Hallstatt-Kreises manches illyrische Element enthalten. Wenn
nun an dieser Stelle in den genannten Erscheinungen ein von der
germanischen Front her ausgelöster Vorgang gesehen wird, so
weder deshalb, weil nach der Ablehnung von Kelten und Illyrern
2 von Brunn 122f.

a.a. O. 153.
 
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