Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen
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Ersatz dieser Drahtumwickelimg durch eine geschlossene metallene
Hülse und ihre enge technische Verbindung mit dem Randbeil
selbst hinweisen, auf einen schmalen Streifen zumeist germani-
schen Gebietes, der von Jütland und Seeland bis zur untersten
Saale reicht. Stellt man diese Bronzen, ein halbes Dutzend an
Zahl, zusammen, dann ergibt sich zwar keine geschlossene Typen-
reihe, aber doch ein deutlicher Sinn der von ihnen veranschau-
lichten Entwicklung. Nicht nur hier, wo die besonderen Zwischen-
formen fehlen, sondern ganz allgemein in dem Bereich der Ver-
suche, aus der Drahtumwickelung etwas Dauerhaftes zu machen,
steht der Erfinder. Seine fortgesetzten Basteleien haben sich nur
im Ausnahmefall erhalten. Dagegen konnte sich die ausgespro-
chene Zweckform des fertigen Tüllenbeils den größten Teil Europas
erobern und sogar zu einem Leitgerät der ostrussischen Bronze-
kultur werden; in veredelter Gestalt vermochte es das Absatz-
oder Lappenbeil zu ersetzen, das bis dahin die vornehmen Krieger
als Beigabe in das Grab mitbekommen hatten1.
Natürlich ist es ein Ausnahmefall, daß dieser wichtige tech-
nische Fortschritt so gut beobachtet werden kann, und daß sich
auch das Gebiet ziemlich eng umreißen läßt, in welchem er errun-
gen wurde. Es gibt ungleich bedeutendere Erfindungen, die eben-
falls in die frühgeschichtliche Zeit fallen und die man doch nur
auf dem Wege der Kombination zu erschließen vermag. So weist
z. B. alles darauf hin, daß die Konstruktion des Wagens, der ja
der vorkolumbischen Neuen Welt genau so unbekannt war wie
anderen großen Teilen der Erde, nur einmal erfolgte. Gleich wie
1 Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse in bezug auf die Bügelplatten-
fibel, welche in der Völkerwanderungszeit Mode wird und in dem Inventar
der Reihengräber vorherrscht. Sie hat die auch schon weit verbreitet gewe-
sene Fibel mit umgeschlagenem Fuß zur Vorform; aber so mannigfache Sonder-
gestaltung diese letztere annehmen kann und so lange ihre ältesten Ausprä-
gungen der Forschung bekannt sein mögen, so wenig gesichert sind doch
weder ihre typologische Ableitung von der La-Tene-Fibel noch die Zuweisung
der ausgesprochenen Frühformen an einen bestimmten Kulturkreis (vgl.
O. Almgrein, Studien über Nordeuropäische Fibelformen der ersten nach-
christlichen Jahrhunderte. Mannusbibl. Nr. 32, 2. Aufl. 1923, 250ff.). Die
räumliche Beschränkung dieser ersten Entwicklungsstufen auf Südrußland
und den Kaukasus verstärkt den Eindruck, daß auch in diesem Falle ein
nur kleiner Kreis von Werkstätten als Hersteller in Frage kommt, und daß
die ersten entscheidenden Schritte einer Entwicklung, welche in fast jedem
Reihengräberfeld ihren Niederschlag gefunden hat, einer einzigen Meister-
hand zugeschrieben werden dürfen.
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Ersatz dieser Drahtumwickelimg durch eine geschlossene metallene
Hülse und ihre enge technische Verbindung mit dem Randbeil
selbst hinweisen, auf einen schmalen Streifen zumeist germani-
schen Gebietes, der von Jütland und Seeland bis zur untersten
Saale reicht. Stellt man diese Bronzen, ein halbes Dutzend an
Zahl, zusammen, dann ergibt sich zwar keine geschlossene Typen-
reihe, aber doch ein deutlicher Sinn der von ihnen veranschau-
lichten Entwicklung. Nicht nur hier, wo die besonderen Zwischen-
formen fehlen, sondern ganz allgemein in dem Bereich der Ver-
suche, aus der Drahtumwickelung etwas Dauerhaftes zu machen,
steht der Erfinder. Seine fortgesetzten Basteleien haben sich nur
im Ausnahmefall erhalten. Dagegen konnte sich die ausgespro-
chene Zweckform des fertigen Tüllenbeils den größten Teil Europas
erobern und sogar zu einem Leitgerät der ostrussischen Bronze-
kultur werden; in veredelter Gestalt vermochte es das Absatz-
oder Lappenbeil zu ersetzen, das bis dahin die vornehmen Krieger
als Beigabe in das Grab mitbekommen hatten1.
Natürlich ist es ein Ausnahmefall, daß dieser wichtige tech-
nische Fortschritt so gut beobachtet werden kann, und daß sich
auch das Gebiet ziemlich eng umreißen läßt, in welchem er errun-
gen wurde. Es gibt ungleich bedeutendere Erfindungen, die eben-
falls in die frühgeschichtliche Zeit fallen und die man doch nur
auf dem Wege der Kombination zu erschließen vermag. So weist
z. B. alles darauf hin, daß die Konstruktion des Wagens, der ja
der vorkolumbischen Neuen Welt genau so unbekannt war wie
anderen großen Teilen der Erde, nur einmal erfolgte. Gleich wie
1 Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse in bezug auf die Bügelplatten-
fibel, welche in der Völkerwanderungszeit Mode wird und in dem Inventar
der Reihengräber vorherrscht. Sie hat die auch schon weit verbreitet gewe-
sene Fibel mit umgeschlagenem Fuß zur Vorform; aber so mannigfache Sonder-
gestaltung diese letztere annehmen kann und so lange ihre ältesten Ausprä-
gungen der Forschung bekannt sein mögen, so wenig gesichert sind doch
weder ihre typologische Ableitung von der La-Tene-Fibel noch die Zuweisung
der ausgesprochenen Frühformen an einen bestimmten Kulturkreis (vgl.
O. Almgrein, Studien über Nordeuropäische Fibelformen der ersten nach-
christlichen Jahrhunderte. Mannusbibl. Nr. 32, 2. Aufl. 1923, 250ff.). Die
räumliche Beschränkung dieser ersten Entwicklungsstufen auf Südrußland
und den Kaukasus verstärkt den Eindruck, daß auch in diesem Falle ein
nur kleiner Kreis von Werkstätten als Hersteller in Frage kommt, und daß
die ersten entscheidenden Schritte einer Entwicklung, welche in fast jedem
Reihengräberfeld ihren Niederschlag gefunden hat, einer einzigen Meister-
hand zugeschrieben werden dürfen.