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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0147
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen 147

neues Ziel geworben wird? Scheinbar ja nicht, insofern es an sich
schon eine Umstellung bedeutet, wenn die geschichtsbildenden
Kräfte weniger in dem archäologischen Nachlaß selbst als wie
in den fundarmen Perioden gesucht werden sollen. Die Heran-
ziehung der Lebenskraft bringt es mit sich, daß die Deutung der
aus den Funden zu ermittelnden Vorgänge dem wirklichen Ge-
schehen näher kommt, als das vordem der Fall war; doch bedarf
es zur Erreichung dieses Zieles einer gegenüber der typologischen
Methode wesentlich verfeinerten Betrachtungsweise, und gerade so
kommen die Grenzen der Erkenntnis klarer zur Geltung als wie
bisher.
Natürlich arbeitet die hier vorgeschlagene Überbrückung der
sog. Klüfte auch nur mit dem tatsächlich vorliegenden Stoff —
welches Mittels wollte sie sich denn dort bedienen, wo die Schrift-
quellen nicht mehr reden? Im übrigen drängt sich die Erkenntnis,
daß geschichtliche Wirkung und archäologische ÜTreifbarkeit nicht
einander entsprechen müssen, nicht nur bei diesem Versuch der
ethnischen Deutung auf. Die Prähistorie steht also heute vor der
Notwendigkeit, ihr Ziel neu zu sehen und, damit im Zusammen-
hang, ihre Methoden zu überprüfen; ihre weitere Entwicklung
aber wird in ganz besonderem Maße davon abhängen, daß sie stets
dessen eingedenk ist, wie viel vom Leben der Vergangenheit sie in
den Funden wirklich greifen kann und wieviel nicht.
Der Mensch ist nicht geboren, so hat Goethe einmal zu Ecker-
mann gesagt (15. 10. 1825), „die Probleme der Welt zu lösen, wohl
aber zu suchen, wo das Problem angeht, und sich sodann in der
Grenze des Begreiflichen zu halten“.

io*
 
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