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Eberhard Freiherr von Künssberg:
§ 18. Messerspiel.
1. Rasenstechen. — Messerpecken. — 3. Losen.
1. Unter den Messerspielen gibt es einige, die vom kultur-
geschichtlichen und auch vom rechtsgeschichtlichen Gesichtspunkte
aus Beachtung verdienen. Schon in meinem Buche ,,Rechtsbrauch
und Kinderspiel“1 hatte ich die Vermutung ausgesprochen, daß in
einem sehr verbreiteten Kinderspiel der Rechtsbrauch des Rasen-
stechens weiterleben könnte. Es hat örtlich sehr verschiedene Na-
men und mancherlei Abarten. Im Rheinland heißt es Messerches
und seine Regel ist kurz die2:
Ein Rechteck wird auf die Erde gezeichnet und in zwei gleiche
Felder geteilt. In jedem derselben steht ein Junge. Einer
nimmt ein Messer und wirft es in das Feld des andern. Wo das
Messer stecken bleibt, wird eine neue Grenze gezogen. Der
Inhaber des andern Feldes, muß das Messer nun so werfen,
daß er dem Gegner von seinem Feld abgewinnt. Wer nicht
mehr so viel Boden hat, daß seine Füße stehen können, hat
verloren.
Beim schwäbischen Äckerles-Spiel3 wird genau gemessen, wie tief
das Messer in die Erde gedrungen und nach diesem Maße darf sich
der Spieler Rasen aus dem abgesteckten Felde schneiden, solange
bis es erschöpft ist. Wem das zuerst gelingt, der hat gewonnen.
In Schleswig-Holstein kennt man das Bültenspiel4:
5—10 Knaben sitzen auf dem Rasen und schneiden sich jeder
mit seinem Messer einen Proppen (Bult) aus. Dann kniet der
erste Spieler vor dem Loch des zweiten und schneidet während
einer Spanne Zeit, in der er ,,Mudder Ro—o—os“ summen
kann ohne Atem zu holen, Bülten heraus. So geht es der Reihe
nach. Zuletzt heißt es: ,,todecken!“ und jeder sucht sein Loch
mit dem eingeheimsten Bültenvorrat zu bedecken. Wem das
nicht gelingt, der muß kriechend den Überschuß der andern
Mitspieler auf dem Rücken nach einem Mal tragen. Läßt er
Bülten fallen, wird er damit beworfen.
1 Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
Philos.-histor. Klasse 1920, S. 47 f., § 70.
2 Rheinisches Wörterbuch V, 1104.
3 Schwäbisches Wörterbuch I, 6.
4 Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch I, 577. Es heißt auch himmel-
haken: Handelmann, Volks-und Kinderspiele aus Schleswig-Holstein, S. 97f.
landgatschen: Schumann, Lübecker Spiel- und Rätselbuch, S. 88 Nr. 176.
Eberhard Freiherr von Künssberg:
§ 18. Messerspiel.
1. Rasenstechen. — Messerpecken. — 3. Losen.
1. Unter den Messerspielen gibt es einige, die vom kultur-
geschichtlichen und auch vom rechtsgeschichtlichen Gesichtspunkte
aus Beachtung verdienen. Schon in meinem Buche ,,Rechtsbrauch
und Kinderspiel“1 hatte ich die Vermutung ausgesprochen, daß in
einem sehr verbreiteten Kinderspiel der Rechtsbrauch des Rasen-
stechens weiterleben könnte. Es hat örtlich sehr verschiedene Na-
men und mancherlei Abarten. Im Rheinland heißt es Messerches
und seine Regel ist kurz die2:
Ein Rechteck wird auf die Erde gezeichnet und in zwei gleiche
Felder geteilt. In jedem derselben steht ein Junge. Einer
nimmt ein Messer und wirft es in das Feld des andern. Wo das
Messer stecken bleibt, wird eine neue Grenze gezogen. Der
Inhaber des andern Feldes, muß das Messer nun so werfen,
daß er dem Gegner von seinem Feld abgewinnt. Wer nicht
mehr so viel Boden hat, daß seine Füße stehen können, hat
verloren.
Beim schwäbischen Äckerles-Spiel3 wird genau gemessen, wie tief
das Messer in die Erde gedrungen und nach diesem Maße darf sich
der Spieler Rasen aus dem abgesteckten Felde schneiden, solange
bis es erschöpft ist. Wem das zuerst gelingt, der hat gewonnen.
In Schleswig-Holstein kennt man das Bültenspiel4:
5—10 Knaben sitzen auf dem Rasen und schneiden sich jeder
mit seinem Messer einen Proppen (Bult) aus. Dann kniet der
erste Spieler vor dem Loch des zweiten und schneidet während
einer Spanne Zeit, in der er ,,Mudder Ro—o—os“ summen
kann ohne Atem zu holen, Bülten heraus. So geht es der Reihe
nach. Zuletzt heißt es: ,,todecken!“ und jeder sucht sein Loch
mit dem eingeheimsten Bültenvorrat zu bedecken. Wem das
nicht gelingt, der muß kriechend den Überschuß der andern
Mitspieler auf dem Rücken nach einem Mal tragen. Läßt er
Bülten fallen, wird er damit beworfen.
1 Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
Philos.-histor. Klasse 1920, S. 47 f., § 70.
2 Rheinisches Wörterbuch V, 1104.
3 Schwäbisches Wörterbuch I, 6.
4 Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch I, 577. Es heißt auch himmel-
haken: Handelmann, Volks-und Kinderspiele aus Schleswig-Holstein, S. 97f.
landgatschen: Schumann, Lübecker Spiel- und Rätselbuch, S. 88 Nr. 176.