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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 2. Abhandlung): Rom und die Christen im ersten Jahrhundert — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42027#0046
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Martin Dibelius:

Schilderung. Und nach der Klage der Schiffer über Babels Fall
ertönt ohne jede Vermittlung der Ruf: „Frohlocke über sie, du
Himmel und ihr Heiligen und Apostel und Propheten, denn Gott
hat euer Gericht an ihr vollzogen“ (18, 20). Lind am Ende der
großen Verfluchung Babels heißt es, ganz unverbunden und mit
Wechsel von der zweiten zur dritten Person: „und in ihr ward
gefunden das Blut der Propheten und Heiligen und aller, die ge-
schlachtet wurden auf der Erde“ (18, 24). Rom ist also für den
Verfasser die Stadt der christlichen Märtyrer; ihre Schuld scheint
sich auf längere Zeit zu erstrecken: es ist offenbar vor allem an
die neronische Verfolgung gedacht, und dazu paßt'auch die Erwäh-
nung der getöteten Apostel. Die Leser sollen die Gewißheit erhal-
ten: die Stadt, die die Christen getötet hat, wird untergehen! Inso-
fern bietet Apc. 17 auch eine Bestätigung der Auffassung von
1. Klein. 5—6, die in den dort genannten Opfern römische Mär-
tyrer sieht: Rom, und nur Rom, ist die Stadt des Christenmordes.
Von den christlichen Märtyrern überhaupt redet die Apoka-
lypse in immer erneuten Anspielungen. Sie scheidet dabei deutlich
die Zeugen vergangener Kämpfe von denen, die erst in der Gegen-
wart die Bluttaufe empfangen. Auch hier zeigt sich wieder, daß
die Anspielung umso deutlicher wirkt, je unvermittelter sie er-
scheint. So geschieht es bei der Öffnung des fünften Siegels. Die
Öffnung der ersten vier hatte die apokalyptischen Reiter, also eine
mit der Zahl 4 abgeschlossene Gruppe, gebracht. Nun hört man 6, 9
auf einmal die Seelen derer, die um des Wortes Gottes willen ge-
tötet sind und die unter dem himmlischen Altar Gottes ruhend auf
das Ende der Dinge warten, wie sie rufen: „Wie lange, Herr, daß
du nicht richtest und nicht rächest unser Blut?“ Ihnen wird zur
Antwort, daß sie ruhen sollen, bis ihre Mitknechte und Brüder
vollendet sind, die noch getötet werden sollen. Offenbar sind also
diese himmlischen Märtyrer die Opfer der neronischen Verfolgung.
Sie gehören auch zu jener großen Schar, die 7, 9—17 in einem
ganz anderen Bild lobpreisend vor dem Throne Gottes stellt, aber
aus allen Völkern zusammengesetzt ist. Sie kommen aus der großen
Trübsal, und haben ihre Gewänder im Blut des Lammes gereinigt.
Es ist die Gesamtheit der Blutzeugen Gottes im Verlauf der Ge-
schichte.
Dagegen stehen die 144000, die in 7, 1—8 vor Beginn der
eschatologischen Plagen als eine Art neue Gemeinde Gottes ver-
siegelt werden und noch auf der Erde gedacht sind, erst am Be-
 
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