Metadaten

Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0080
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
80 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschieibung
Der Bericht des J über die Eroberung Jerusalems ist zwischen
2. Sam 61 und 62 zugunsten von E (vgl. 2. Sam 56ff.) weggelassen.
Es folgt die Einholung der Lade, auch sie wieder mit legendari-
schen Zügen ausgestattet: die Verbindung des Todes ‘Uzzas mit
dem Ortsnamen Peres-‘Uzza ist ätiologischer Art 2. Sam 6s; erst
als Jahve das Haus ‘Obed-Edoms gesegnet hat, wagt es David, die
Lade nach Jerusalem zu bringen 2. Sam 611 f.; Mikal bleibt, weil
sie den in der Prozession tanzenden David verspottet hat, kinder-
los 2. Sam 616 20-23.
Daran reiht sich die durch die Volkszählung Davids veran-
laßte Pest 2. Sam 24, mythisch dargestellt als Erscheinung des
Pestengels, der auf Davids Gebet hin bei der Tenne Araunas sein
Würgen einstellt und David befiehlt, an dieser Stelle den Altar
zu bauen; es ist ein ispo^ Xoyop über die Weihe der Opferstätte auf
Zion1. Die Schuld wird auf Jahve abgeschoben, der den König in
unmotiviertem Zorn zur Volkszählung angereizt haben soll. Ebenso
entsteht die dreijährige Hungersnot 2. Sam 211-14 durch einen Zorn
Jahves, diesmal begründet durch die ungesühnte Blutschuld des
Hauses Sauls an Gib‘on. Auch hier ist es die Weisung Jahves, die
die Tötung der Sauliden befiehlt und dadurch David entlastet, der
in frommer Weise die Gebeine der Hingerichteten bestatten läßt.
Erst von 2. Sam 9 an ist die David-Überlieferung von sagen-
haften und mythischen Zügen völlig frei. Das geschichtliche Ge-
schehen vollzieht sich nun nach rein natürlichen Gesetzen. Die
Zuverlässigkeit der Überheferung zeigt sich in der Fülle des kon-
kreten Details. Im Mittelpunkte stehen die Erinnerungen des Hofes,
der königlichen Familie und der Hofkreise, zu denen auch die
Priesterschaft der Sadokiden gehört. Daß gerade das Geschlecht
Sadoks für die Überlieferung Bedeutung gehabt hat, verraten Einzel-
heiten, wie die Parteinahme für Sadok, der bei Salomos Thron-
besteigung zusammen mit Benaja und den Gibborim, Natan und
SchinTi, dem „Freunde des Königs“2, auf Salomos Seite steht. Auch
ein kleiner Zug, wie der Eifer des jungen Sadoksohnes 2. Sam I823
ist charakteristisch.
Bei aller Sympathie, mit der die Gestalt Davids gezeichnet ist,
fehlen doch die Schatten in seinem Bilde nicht ganz. Durch Mord
und Ehebruch hat er sein Weib Batscheba‘, die Mutter Salomos,
1 Ähnliche Traditionen über die Stiftung von Kirchen bei Epidemien
finden sich vielfach, z. B. bei einer Kirche in Godesberg.
2 Zur richtigen Lesung von 1. Reg 18 vgl. Josephus, ant. iud. VII 346.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften