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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0098
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98 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung

dar Heil von Jahve erfahren!“ Und als er Schim‘i zum Tode ver-
urteilt, spricht Salomo 1. Reg 244f.: ,, Jahve lasse das Böse zurück-
fallen auf dein Haupt, König Salomo aber sei gesegnet und Davids
Thron stehe fest vor Jahve immerdar!“
Aber dieses Reich Davids und Salomos ist zusammengebrochen.
Schon bei David steigen die ersten dunklen Wolken auf. Sein un-
heilvoller Entschluß einer Volkszählung zur Erhebung von Steuern
— ein Entschluß, den der Verfasser auf Jahves unbegreiflichen
Zorn zurückführt — hat eine Pest zur Folge gehabt 2. Sam 24.
Seine Heirat mit Batscheba‘, der Mutter Salomos, ist mit Gatten-
mord und Ehebruch verbunden 2. Sam 11. Die Erbitterung der
Israeliten gegen David, den „Blutmenschen“ 2. Sam 16s, bricht im
Kriege mit Absalom und Scheba‘ bedrohlich hervor, und mühsam
und mit Gewalt wird der Aufstand niedergeschlagen. Schon er-
schallt der Ruf der Unzufriedenen 2. Sam 20i: „Wir haben kein
Teil an David, kein Erbe am Sohne Isais; gehe jeder zu seinen
Zelten, Israel!“ Aber erst mit Salomos Regierung beginnt das
System der Despotie in voller Schärfe. Wie J über Salomo urteilte,
zeigt die Szene bei der Thronbesteigung seines Sohnes Rehabeam
1. Reg 12. Als Rehabeam sich weigert, den Frondienst, den Sa-
lomo Israel aufgelegt hat, zu erleichtern, da bricht das Reich in
Stücke. Die Ursache des Zusammenbruchs ist die Kränkung des
israelitischen Freiheitsgefühls. Dies Volk, will J sagen, das stolz
ist auf eine große Vergangenheit, verträgt keine Knechtung. Wie
am Anfang seiner Geschichte die Befreiung aus dem Frondienst
Ägyptens stand und wie siegreiche Freiheitskriege und ein macht-
volles Königtum den Höhepunkt seiner Geschichte bildeten, so
bleibt auch jetzt, wo diese Macht untergegangen ist, das Ideal
seiner Zukunft die einst so glänzende Einheit Israels unter der
Herrschaft Judas und seiner Könige.
Geschichte und Idee
Die Stoffe, die J verarbeitet hat, sind ihm zum größten Teil
in mündlicher Überlieferung zugekommen. Soweit sie geformte Ge-
stalt hatten, waren es Prosaerzählungen, Mythen, Heldensagen,
Ortssagen oder Anekdoten und Novellen. Von epischer Gestaltung
solcher Erzählungsstoffe ist uns bei den Israeliten nichts bekannt1 *.
1 Vgl. H. Gunkel, Genesis 19103; Ed. Meyer, Israeliten S. Vif. gegen
Ed. Sieyers, Metrische Studien II., Hebräische Genesis 1904t.; O. Procksch,
Genesis 1913, S. 8.
 
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