Cusanus-Studien VII: Jos. E. Hofmann
albus, ein „unbeschriebenes Blatt“; in nuce enthält er alle anderen
Figuren und ist der umfassenden Wahrheit vergleichbar, die durch
den Geist in viele Einzelwahrheiten aufgelöst und so begriffen wer-
den kann25. Der 2. Kreis wird durch einen Durchmesser halbiert.
Er ist Sinnbild dafür, daß die Halbierung die ursprünglichste Form
der Division ist und der Vielteilung vorangeht26. Der 3. Kreis wird
durch drei Halbmesser in symmetrischer Lage gedrittelt. Die drei
Drittel des 3. Kreises machen ebensoviel aus wie die beiden Hälften
des 2., aber der Durchmesser des 2. ist nicht gleich den drei Halb-
messern des 3., weil die Halbmesser des 3. Kreises, kurz gesagt,
nicht in der gleichen Richtung liegen27. Der 4. Kreis wird von zwei
[zueinander senkrechten] Durchmessern geviertelt, die sich im Mittel-
punkt halbieren28. Zusammenfassend sagt Lull, daß sich diese Ein-
teilung zwar beliebig fortsetzen lasse, daß aber hier doch nicht die
richtige Allgemeinheit herrsche; denn bei der Einteilung verändern
die Teile dauernd ihre Größe29. Der Sinn dieser letzten Aussage
scheint zu sein, daß Lull nach einer Invarianz sucht, die sich hier
noch nicht hinreichend klar abzeichnet.
Daher geht Lull über zu den einbeschriebenen regelmäßigen
Vielecken, beginnend mit dem gleichseitigen Dreieck. Hier setzen
die partes generales et speciales ein, wie er sagt. Insbesondere
umfaßt das Dreieck weniger Unterteile des Kreises als das Qua-
drat, dieses weniger als das Fünfeck usw.30. Jetzt denkt er sich
das Dreieck [durch Radien zu den Ecken hin] in drei, das Quadrat
in vier, das Fünfeck in fünf gleiche Teile geteilt usw.31, und dann
25 Z. 37—48, ferner Z. 216—218, 306—324, 338—344, 426—435. — Was
Lull hier darlegt, entspricht durchaus der Pythagoreischen Geisteshaltung,
die in der Eins (die dem circulus albus entspricht) zwar noch keine Zahl sieht,
wohl aber den Ursprung und die Wurzel aller Zahlen, die aus der Einheit
hervorgehen und daher gewissermaßen wieder in ihr enthalten sind.
26 Z. 50—68. ■— Die Halbierung ist unseres Wissens erstmals von den
Ägyptern als die „Grunddivision“ angesehen worden. Duplatio und mediatio
beherrschen einen großen Teil des Rechnens im klassischen Altertum und im
lateinischen Mittelalter, wobei die eingewurzelte Vorliebe der germanischen
Völkerfamilie für die Halbierung wesentlich mitspielt.
27 Z. 70—86.
28 Z. 88—95. Siehe auch Fußnote 20.
29 Sinngemäße Umformung des Textes Z. 172—177.
30 Z. 177—187.
31 Abgesehen von den Einzelausführungen Z. 139—140, 158—159 (Drei-
eck), 195, 231—232 (Viereck), 214 (Fünfeck), 282—288 (Sechseck mit Rück-
verweis), 304, 325 (Siebeneck), 335, 358-359 (Achteck) siehe vor allem die
albus, ein „unbeschriebenes Blatt“; in nuce enthält er alle anderen
Figuren und ist der umfassenden Wahrheit vergleichbar, die durch
den Geist in viele Einzelwahrheiten aufgelöst und so begriffen wer-
den kann25. Der 2. Kreis wird durch einen Durchmesser halbiert.
Er ist Sinnbild dafür, daß die Halbierung die ursprünglichste Form
der Division ist und der Vielteilung vorangeht26. Der 3. Kreis wird
durch drei Halbmesser in symmetrischer Lage gedrittelt. Die drei
Drittel des 3. Kreises machen ebensoviel aus wie die beiden Hälften
des 2., aber der Durchmesser des 2. ist nicht gleich den drei Halb-
messern des 3., weil die Halbmesser des 3. Kreises, kurz gesagt,
nicht in der gleichen Richtung liegen27. Der 4. Kreis wird von zwei
[zueinander senkrechten] Durchmessern geviertelt, die sich im Mittel-
punkt halbieren28. Zusammenfassend sagt Lull, daß sich diese Ein-
teilung zwar beliebig fortsetzen lasse, daß aber hier doch nicht die
richtige Allgemeinheit herrsche; denn bei der Einteilung verändern
die Teile dauernd ihre Größe29. Der Sinn dieser letzten Aussage
scheint zu sein, daß Lull nach einer Invarianz sucht, die sich hier
noch nicht hinreichend klar abzeichnet.
Daher geht Lull über zu den einbeschriebenen regelmäßigen
Vielecken, beginnend mit dem gleichseitigen Dreieck. Hier setzen
die partes generales et speciales ein, wie er sagt. Insbesondere
umfaßt das Dreieck weniger Unterteile des Kreises als das Qua-
drat, dieses weniger als das Fünfeck usw.30. Jetzt denkt er sich
das Dreieck [durch Radien zu den Ecken hin] in drei, das Quadrat
in vier, das Fünfeck in fünf gleiche Teile geteilt usw.31, und dann
25 Z. 37—48, ferner Z. 216—218, 306—324, 338—344, 426—435. — Was
Lull hier darlegt, entspricht durchaus der Pythagoreischen Geisteshaltung,
die in der Eins (die dem circulus albus entspricht) zwar noch keine Zahl sieht,
wohl aber den Ursprung und die Wurzel aller Zahlen, die aus der Einheit
hervorgehen und daher gewissermaßen wieder in ihr enthalten sind.
26 Z. 50—68. ■— Die Halbierung ist unseres Wissens erstmals von den
Ägyptern als die „Grunddivision“ angesehen worden. Duplatio und mediatio
beherrschen einen großen Teil des Rechnens im klassischen Altertum und im
lateinischen Mittelalter, wobei die eingewurzelte Vorliebe der germanischen
Völkerfamilie für die Halbierung wesentlich mitspielt.
27 Z. 70—86.
28 Z. 88—95. Siehe auch Fußnote 20.
29 Sinngemäße Umformung des Textes Z. 172—177.
30 Z. 177—187.
31 Abgesehen von den Einzelausführungen Z. 139—140, 158—159 (Drei-
eck), 195, 231—232 (Viereck), 214 (Fünfeck), 282—288 (Sechseck mit Rück-
verweis), 304, 325 (Siebeneck), 335, 358-359 (Achteck) siehe vor allem die